# taz.de -- Reform der Bundeswehr: Mehr Einsätze, weniger Generäle | |
> Verteidigungsminister Thomas de Maizière will die Bundeswehr verkleinern | |
> und effektiver machen. Dabei sollen tausende Stellen abgebaut werden. | |
Bild: Zu teuer, zu ineffektiv: de Maizière muss die Bundeswehr reformieren. | |
BERLIN taz | Thomas de Maizière hat den Ort bewusst gewählt: eine Kaserne | |
in Berlin. Das soll Nähe zur Truppe anzeigen, für die der | |
Verteidigungsminister ein paar unerfreuliche Neuigkeiten hat. Im Publikum | |
sitzen Bundeswehrfunktionäre, Generäle, Offiziere, gehobener Dienst. | |
De Maizière redet lang, über eine Stunde. Es ist eine oft redundante | |
Ansprache, in der sich Formulierungen über Sinn und Probleme der Bundeswehr | |
wiederholen. Das ist die Verpackung einer - für dieses Publikum - unschönen | |
Nachricht: Stellenabbau. Das Verteidigungsministerium schrumpft von 3.500 | |
auf 2.000 Stellen, die Verwaltung von 76.000 auf 55.000. | |
"Hören Sie gut zu", sagt der Minister nach einer Dreiviertelstunde. "Der | |
Personalabbau betrifft alle Hierarchieebenen." Es wird also weniger | |
Generäle und Stäbe geben. "Gravierende Mängel, zu viele Generalsterne, zu | |
viel Aufsicht für zu wenig Arbeit", so de Maizières Befund. Wenn man die | |
rhetorischen Girlanden weglässt, ist das Bild, das der Minister von der | |
Bundeswehr zeichnet, finster. Zu viel Personal, ineffektiv, unbeweglich. So | |
ähnlich hatte die Weise-Kommission den Apparat beschrieben und massive | |
Kürzungen nahegelegt. | |
## Genug Freiwillige? | |
Die Bundeswehr, die derzeit 188.000 Berufs- und Zeitsoldaten umfasst, soll | |
künftig aus 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten bestehen, hinzu sollen 5.000 | |
bis 15.000 Freiwillige kommen, die "unserem Land patriotisch dienen". De | |
Maizière gibt allerdings zu, dass er nicht weiß, ob es genug Freiwillige | |
gibt, die dem Ruf des Vaterlandes folgen. | |
Auch sonst bleibt Entscheidendes offen. Die hart umkämpfte Frage, in | |
welchen Bundesländern wie viele Kasernen geschlossen werden, wird erst im | |
Oktober entschieden. Und die, neben Personalabbau und struktureller | |
Veränderung, zentrale Frage nach dem Etat wird erst im Juli im Kabinett | |
verhandelt. | |
Eigentlich war der Sparzwang Auslöser für diese Reform und die Abschaffung | |
der Wehrpflicht. Mehr als 8 Milliarden Euro sollte bis 2014 gespart werden, | |
doch dann schien die Reform sogar mehr zu kosten. De Maizière deutet an, | |
wie ein Ausweg aussehen kann. Der Wehretat soll nicht "durch die notwendige | |
Neuausrichtung, insbesondere den Personalabbau" belastet werden. | |
## Mit Buchungstrick Geld gespart | |
Im Klartext: Die Bundeswehr feuert Generäle, aber die Abfindungen und | |
Pensionen werden nicht aus dem Wehretat, sondern aus anderen Kassen | |
bezahlt. Ein Buchungstrick. So werden "finanzielle Defizite lediglich in | |
einen anderen Haushaltsposten geschoben", kritisiert SPD-Wehrexperte Reiner | |
Arnold. Insgesamt ist die SPD allerdings durchaus einverstanden mit den | |
Umbauplänen. De Maizière, so Arnold, habe zu Guttenbergs "reformpolitische | |
Irrfahrt" beendet. | |
Die neue Bundeswehr soll billiger und kleiner werden, vor allem aber | |
effektiver für Auslandseinsätze. Derzeit sind 7.000 Soldaten im | |
Auslandseinsatz - künftig sollen dafür bei Bedarf 10.000 bereitstehen. Die | |
Bundeswehr müsse sich vergleichbar mit anderen europäischen Staaten im | |
Ausland engagieren, so der Minister. Außerdem werde die Bundeswehr künftig | |
mehr Soldaten für UN-Einsätze stellen, bei denen es "nicht um unmittelbare | |
deutsche Interessen" geht. | |
De Maizière will das Moral-Image der Truppe heben. Zudem soll die | |
Bundeswehr prosaischen Interessen dienen. In den neuen am Mittwoch | |
präsentierten "Verteidigungspolitischen Richtlinien" heißt es: "Eine | |
gesicherte Rohstoffversorgung" ist für Deutschland "von vitaler Bedeutung". | |
Die Bundeswehr muss den "freien Zugang zu natürlichen Ressourcen | |
ermöglichen". | |
Militäreinsätze für Rohstoffversorgung - da unterscheidet sich de Maizière | |
nicht von seinem Vorgänger. | |
18 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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