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# taz.de -- Deutsch-niederländischer Fischerstreik: Krabbenboom macht Preise k…
> Weil in der Nordsee immer mehr Krabben leben und gefangen werden, sinken
> die Preise. Jetzt bleiben die Fischer aus Protest in den Häfen.
Bild: Invasion der Monster-Krabben – fotografiert nicht an der Nordsee, sonde…
HAMBURG taz | Den Krabbenfischern auf der Nordsee macht zu schaffen, was
heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist: die scheinbare
Unerschöpflichkeit des Meeres. Weil in der laufenden Saison so viele
Nordseegarnelen gefangen worden sind wie selten zuvor, stürzten die Preise
ins Bodenlose.
Zu Ostern zogen die Fischer die Notbremse: Ihre Erzeugerverbände einigten
sich darauf, bis auf Weiteres die Kutter nicht mehr auslaufen zu lassen.
Ein Fischerstreik sozusagen. Zudem verschärft ein Kartellverfahren die
Lage: Die Erzeugergemeinschaft Weser-Ems hat Insolvenz angemeldet, weil sie
sich nicht in der Lage sieht, eine Strafe des niederländischen Kartellamtes
zu bezahlen.
Nicht auskömmliche Krabbenpreise haben den Fischern im vergangenen
Jahrzehnt immer wieder Anlass zur Klage gegeben. Schon mehrere Male
organisierten die Fischer Fangstopps, um sich gegen die Marktmacht des
Großhandels, der von zwei Firmen dominiert wird, behaupten zu können. So
dramatisch wie in dieser Saison scheint die Lage aber selten gewesen zu
sein.
## 25 Kilo Krabben pro Stunde
"Seit Ende August waren von Süden kommend außergewöhnlich viele Krabben zu
fangen", sagt Philipp Oberdörffer, Berater bei der niedersächsischen
Landwirtschaftskammer. Große Boote hätten auch während des stürmischen
Wetters im Winter gefischt, sodass die Lagerhäuser wohlgefüllt seien. Und
noch immer seien die Fangbedingungen gut. "Im langjährigen Mittel wurden im
April 25 Kilo Krabben pro Stunde gefangen", sagt der Berater. In diesem
Jahr seien es 50 bis 60 Kilo gewesen.
Das wirkt sich auf den Preis aus. Zu Ostern war er auf 1,57 Euro pro Kilo
für die Erzeuger gefallen, und die Großhändler wollten ihn weiter senken.
Der Selbstkostenpreis liege bei 2,50 Euro, sagt Oberdörffer.
"Wir haben beschlossen, nicht unter 3 Euro auszulaufen", sagt Gerold
Conradi von der Erzeugergemeinschaft Weser-Ems. Selbst wenn der Preis die 3
Euro erreicht haben sollte, wollten die deutschen und viele der
niederländischen Fischer maximal 1.500 Kilogramm pro Boot und Woche
anlanden. Darauf habe sich eine deutsch-niederländische
Erzeugergemeinschaft verständigt.
## "Nicht unter 3 Euro pro Kilo auslaufen"
Inzwischen hat die Politik erste Hilfen zugesagt. Niedersachsen will seinen
Fischern die Kosten für ein elektronisches Logbuch vorfinanzieren, bis das
dafür vorgesehene Fördergeld der EU auf den Konten eingetroffen ist. Das
Bundeslandwirtschaftsministerium kündigte an, die Fischer bei den
Sozialabgaben noch stärker zu entlasten. Statt für 40 Tage, an denen die
Kutter nicht auslaufen können, aber weiter Sozialabgaben bezahlen müssen,
übernimmt der Bund die Sozialabgaben jetzt für bis zu 50 Tage.
Konterkariert werden die Hilfen durch eine Geldbuße, die das
niederländische Kartellamt den Erzeugergemeinschaften auferlegt hat. Damit
werden transnationale Preisabsprachen zwischen den Erzeugergemeinschaften
und Großhändlern vor gut zehn Jahren geahndet.
## "5000 Euro Buße kann sich kein Fischer leisten"
Neben anderen hat die Erzeugergemeinschaft Weser-Ems deshalb vor Kurzem
Insolvenz angemeldet. 5.000 Euro Buße hätte umgerechnet jedes Mitglied
bezahlen müssen, sagt Conradi. "Das kann sich zurzeit kein Fischer
leisten."
In der kommenden Woche werden Vertreter der niederländischen und deutschen
Regierung, der Landesregierungen sowie der Fischer und des Handels an einem
runden Tisch in Bonn verhandeln, wie in Zukunft auskömmliche Preise
gewährleistet werden könnten. Inzwischen böten die Großhändler schon wieder
2,20 für das Kilo, sagt Peter Breckling, Geschäftsführer des Deutschen
Fischereiverbandes. "Wenn man solche Bocksprünge macht, ist das
unglaubwürdig." Der Streik werde wohl in der nächsten Woche weitergehen.
19 May 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Fangquoten
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