# taz.de -- Fischereipolitik in Europa: Arbeitsplätze vor Artenschutz | |
> Die EU will die Fangquoten überarbeiten – doch Frankreich und Spanien | |
> sind Arbeitsplätze wichtiger als der Schutz der Meere. Deutschland steht | |
> hinter den EU-Plänen. | |
Bild: EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki muss sich nun mit den Begehrlichke… | |
BERLIN taz | Die Europäische Kommission will die EU-Fischereipolitik | |
grundlegend reformieren und Nachhaltigkeit zum obersten Ziel machen. In der | |
Theorie unterstützen das die EU-Mitgliedsstaaten. De facto will aber jedes | |
Land für seine Flotte das Beste herausholen. Das wurde bei einem Treffen | |
der Fischereiminister deutlich. 400.000 Arbeitsplätze hängen an der | |
Fischereiindustrie – vor allem in Spanien und Frankreich. | |
"Es kann nicht sein, dass die Fangquoten nur dem Prinzip der Vorsorge | |
folgen. Nachhaltigkeit ist wichtig, aber wir dürfen soziale und | |
wirtschaftliche Aspekte darüber nicht vergessen", sagte etwa die spanische | |
Ministerin Rosa Aguilar Rivero. | |
Die Kommission hatte vorgeschlagen, in Zukunft nicht mehr jährliche | |
Fangquoten zu verhandeln, sondern Mehrjahrespläne zu erarbeiten, in denen | |
nach wissenschaftlichen Kriterien die mögliche Höchstfangmenge festgelegt | |
wird. So will die Fischerei-Kommissarin Maria Damanaki erreichen, dass die | |
Fischbestände bis 2015 besser geschützt werden. Zurzeit sind drei von vier | |
Fischbeständen überfischt. Spanien hält dieses Datum für unrealistisch. | |
Frühestens 2020 sei die Reform umsetzbar, sagte die Ministerin gestern: | |
"Wir müssen den Fischern Zeit geben, sich an die neuen Vorgaben | |
anzupassen." | |
## Beifang 23 Prozent | |
Frankreich und Spanien sehen auch das von der Kommission geforderte | |
Rückwurfverbot kritisch. Demnach sollen gefangene Fische an Land gebracht | |
und verarbeitet werden müssen. Bisher werfen die Fischer die Tiere, die sie | |
nicht brauchen, tot ins Meer zurück. Die Kommission hofft, dass die Fischer | |
mit dem Rückwurfverbot ihren Beifang – der zurzeit rund 23 Prozent der | |
Gesamtmenge ausmacht – verringern. | |
Die deutsche Bundesregierung steht hinter den Mehrjahresplänen. Allerdings | |
will Deutschland, dass die Fangquoten auch weiterhin von den Regierungen | |
vergeben werden. Die EU-Behörde hat vorgeschlagen, dass die Quoten direkt | |
an die Fischer gehen, damit diese mit ihren Anteilen handeln können. Von | |
diesem Anreiz verspricht sich die Kommission, dass Fischer ihre Rechte | |
verkaufen und mit dem Fischen aufhören. "Damit könnte die europäische | |
Flotte mittelfristig verkleinert werden." Umweltschützer fürchten, dass der | |
Vorschlag der Kommission in den Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten | |
weiter verwässert wird. | |
19 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
## TAGS | |
Fischerei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
EU-Fischereipolitik: Friede, Freude, Fangquote | |
Silberstreif im Fischernetz: Die neuen EU-Fangquoten beglücken Industrie | |
und Wissenschaft. Die nachhaltige Politik macht sogar Meeresschützer | |
glücklich. | |
Deutsche Krabbenfischer in der Krise: Kutter per Kleinanzeige | |
Mit einer spektakulären Verkaufsaktion protestieren die deutschen | |
Krabbenfischer gegen Niedrigpreise und Händlermonopole. Dabei hilft ihnen | |
nur Solidarität. | |
"Nachhaltiges Fischmangement" der EU: Revolution ohne Kontrolle | |
Die EU-Kommission plant, den Fischfang radikal einzuschränken. Das Vorhaben | |
kann aber am Widerstand der Mitgliedstaaten scheitern. Und an mangelnden | |
Kontrollen. | |
Neue Biodiversitätsstrategie: EU will Artenschwund stoppen | |
Immer mehr Arten sterben aus, auch in Europa. Die EU will bis 2020 | |
gegensteuern. Umweltschützer begrüßen die Pläne und kritisieren die | |
schlechte Finanzierung. | |
Deutsch-niederländischer Fischerstreik: Krabbenboom macht Preise kaputt | |
Weil in der Nordsee immer mehr Krabben leben und gefangen werden, sinken | |
die Preise. Jetzt bleiben die Fischer aus Protest in den Häfen. | |
Agrarsubventionen aus Europa: Bauerngeld fließt an Konzerne | |
Rund 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen vergibt die EU im Jahr. Eine neue | |
Datenbank zeigt: Firmen wie Südzucker, Bayer und RWE haben davon einen | |
großen Anteil erhalten. |