# taz.de -- Protest gegen Fischereipolitik: Krabbenfischer bleiben an Land | |
> Die Kutter haben so viele Nordseegarnelen gefangen, dass die | |
> Gefrierhäuser voll sind. Nun soll eine Verknappung des Angebots die | |
> Preise stabilisieren. | |
Bild: Fühlen sich von der Politik verlassen: Krabbenkutter auf der Nordsee. | |
HAMBURG taz | Weil es plötzlich Krabben im Überfluss gibt, sehen sich die | |
Fischer an der Nordseeküste in ihrer Existenz bedroht. Wegen des | |
Überangebots sind die Preise auf ein Niveau gesunken, das nicht einmal mehr | |
die Kosten eines Kutters deckt. Deutsche und niederländische | |
Erzeugerorganisationen haben deshalb am Osterwochenende einen Fangstopp | |
beschlossen. Außerdem erwägen sie verschärfte Proteste, um ein Umdenken in | |
der Fischereipolitik zu erreichen. | |
Der Verfall der Krabbenpreise ist im vergangenen Jahrzehnt immer wieder | |
Thema gewesen. Wiederholt einigten sich die organisierten Fischer auf | |
Fangstopps, um mit dem Großhandel konkurrieren zu können. In dieser Saison | |
scheint die Lage jedoch besonders dramatisch zu sein. | |
"Im langfristigen Mittel sind im Frühjahr 25 Kilogramm pro Stunde gefangen | |
worden", sagt Philipp Oberdörffer, Berater bei der niedersächsischen | |
Landwirtschaftskammer. In diesem Jahr seien es 50 bis 60 Kilogramm. | |
In ungewöhnlich warmem Seewasser seien die Nordseegarnelen sehr schnell zur | |
Fanggröße herangewachsen, so dass mehr Generationen als sonst befischt | |
werden konnten. Wie Oberdörffer berichtet, wären große Boote auch den | |
Winter über auf Fang gefahren und hätten die Kühlhäuser gefüllt. Erst wenn | |
diese Mengen verkauft seien, werde der Druck auf die Preise nachlassen. | |
Roger Alts von der Erzeugerorganisation Norddeich glaubt, dass der | |
Fangstopp möglicherweise nicht reichen wird. "Wir stehen mit dem Rücken zur | |
Wand", sagt er. Die Fischer erhielten zurzeit nur 1,57 Euro pro Kilo | |
Garnele. Das liegt unter dem Selbstkostenpreis von rund 2,50 Euro. Die | |
Fischer halten drei Euro für notwendig. | |
Gestiegene Treibstoffkosten verschärften die Lage, klagen die Fischer. Dazu | |
kämen teure Nachrüstungen beim Funk oder der Feuerlöschtechnik. Alts | |
zufolge steht ein Drittel der Flotte vor der Pleite. Weil Proteste alleine | |
bisher nichts genützt hätten, erwögen die Fischer jetzt ein schärferes | |
Vorgehen wie die Blockade der Seehäfen. | |
Die deutschen Küstenfischer sind überwiegend als Familienbetriebe | |
organisiert, die kleine, etwas ältere Kutter betreiben. Sie haben schon | |
Schwierigkeiten, mit den etwas längeren Eurokuttern mitzuhalten, erst recht | |
aber mit den Fischereischiffen, die im vergangenen Winter auf Krabbenfang | |
gegangen sind. Wegen des Preisverfalls bei Schollen stellten auch Boote, | |
die eigentlich für den Fang von Plattfischen gebaut wurden, den Garnelen | |
nach - und zwar die ganze Saison über. | |
Die größeren Schiffe erlaubten ein effizienteres Wirtschaften, sagt | |
Landwirtschaftskammer-Berater Oberdörffer. Allerdings müsse sich die | |
Politik fragen, was ihr die Familienbetriebe wert seien. | |
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht könne es zwar sinnvoll sein, großen | |
Schiffen den Vorzug zu geben. "Das trägt aber nicht dazu bei, dass wir eine | |
lebendige Küste behalten", warnt Oberdörffer. Nur die Kutter passten in die | |
Sielhäfen und hielten diese am Leben. Von den Häfen wiederum profitiere der | |
Tourismus. | |
Die Fischer fordern konkrete Hilfen von den Landesregierungen und vom Bund. | |
Nur so lasse sich die kleinteilig organisierte Fischerei erhalten. Berater | |
Oberdörffer schlägt eine Abwrackprämie vor, um die Flotte zu verkleinern. | |
Außerdem regt er an, die Erzeugergemeinschaften der Fischer zu stärken: Von | |
ihnen beschlossene Fangstopps sollten auch für Nicht-Mitglieder verbindlich | |
werden. | |
Etwas weniger Krabbenfischerei wäre ganz im Sinne der Umweltstiftung WWF. | |
Diese hat vor zwei Jahren eine Studie veröffentlich, nach der die | |
Krabbenfischerei der Meeresumwelt schadet. | |
Für jedes Kilo Krabben lande die neunfache Menge an Beifang im Netz: | |
Schollen, Seezungen, Wittlinge und Kabeljau - Fische, die wieder über Bord | |
geworfen werden und diese Prozedur meistens nicht überleben. Bessere Netze, | |
das Schließen von Fanggründen könnten helfen - und eine Verkleinerung der | |
Flotte. | |
27 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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