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# taz.de -- Obamas Rede zum Nahostkonflikt: Die vermasselte Tour
> Die Rede von US-Präsident Barack Obama brüskiert Israels Staatschef, der
> in die USA gereist ist. Obama warnt auch palästinensische Führung vor
> Alleingängen.
Bild: Checkpoint zwischen Ramallah und Jerusalem.
WASHINGTON/JERUSALEM taz | Tacheles statt Teppich für Benjamin Netanjahu:
US-Präsident Barack Obama hat Israels Ministerpräsident mit seiner
Nahostrede einen überraschenden Empfang bereitet. Seine klaren Worte zu
einer Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 mussten seinen am Freitag
eintreffenden Staatsgast wie eine Ohrfeige treffen. Der viertägige Besuch
Netanjahus in Washington sollte den Weg für neue Verhandlungen ebnen. Doch
das Verhältnis der Staatschefs wirkt nun abgekühlter denn je.
Deutlicher als seine Vorgänger bekannte sich der US-Präsident in der
strittigen Frage der Grenze zwischen Israel und Palästina. "Ein lang
anhaltender Frieden beinhaltet zwei Staaten mit zwei Völkern", sagte Obama,
rund 60 Jahre nachdem sein Vorgänger Harry Truman maßgeblich dazu
beigetragen hat, dass die Weltgemeinschaft Israel anerkennt. Diese Staaten
sollten in den Grenzen von 1967 liegen - also denen vor der Eroberung
weiter Teile des Westjordanlands und der Golanhöhen durch die Israelis im
Sechstagekrieg.
Für Israels Ministerpräsident Netanjahu ist das ein absolutes "No". Denn
aus seiner Sicht wäre Israel dann nicht mehr zu verteidigen. Erbost soll
Bibi, wie ihn US-Medien gern nennen, Stunden vor Obamas Rede zum Hörer
gegriffen haben, um sich bei Außenministerin Hillary Clinton zu beschweren.
Doch Obama blieb bei den Worten, die wohl selbst bei seinen Beratern nicht
unumstritten waren.
"Das palästinensische Volk muss das Recht haben, sich selbst zu regieren
und sein Potenzial in einem souveränen und zusammenhängenden Staat zu
nutzen", sagte Obama an die Adresse seines Staatsgasts. Gleichzeitig
verzichtete er auf die Forderung nach einem Baustopp in den israelischen
Siedlungen - bislang ein Kernhindernis für weitere Verhandlungen.
## Differenzen lieber übertünchen
In welch eisiger Atmosphäre nun der Staatsbesuch stattfinden würde, darüber
konnten Experten am Freitag nur spekulieren. Das Verhältnis der beiden
Männer sei "allenfalls korrekt", sagte die Direktorin des Nahostprogramms
im Institute of World Affairs, Judith Kipper.
Dass man diese Differenzen besser übertüncht, um den Frieden in Nahost
voranzutreiben, ist allen Beteiligten klar. Auch der einflussreichen
proisraelischen Lobbygruppe Aipac, vor der Obama am Montag spricht. In
einer Rundmail wurden die Delegierten vorab eingeschworen: "Wir bitten
euch, dass ihr auf jede Rede in der positivsten Art und Weise reagiert."
Benjamin Netanjahu reagierte noch vor seiner Abreise schnell und fast
ungehalten auf die Obama-Rede. Er mahnte die USA, sich an die
Verpflichtungen zu halten, die Ex-US-Präsidenten George W. Bush einging.
2004 hatte Bush erklärt, es sei "unrealistisch, im Rahmen der
Endstatuslösung den kompletten Rückzug zu den Waffenstillstandslinien von
1949 zu erwarten". Damit hatte er damals grundsätzlich dem israelischen
Festhalten an sogenannten Siedlungsblöcken zugestimmt.
Obama teilte in seiner Grundsatzrede jedoch nicht nur in israelische
Richtung aus. Der palästinensischen Führung riet er dringend von
Alleingängen ab. Im kommenden September wollen die Palästinenser vor der
UNO vorsprechen, in der Hoffnung, dass die Vereinten Nationen den Staat
Palästina mit einer Hauptstadt in Ostjerusalem anerkennen. Symbolische
Maßnahmen zur Isolation Israels vor der UNO "werden nicht zur
Unabhängigkeit führen", warnte er. Obama appellierte außerdem zur
Anerkennung Israels als Judenstaat.
Die jüngste Versöhnung zwischen den beiden palästinensischen Parteien Fatah
und Hamas, die sich auf eine Regierung der Nationalen Einheit und Neuwahlen
innerhalb eines Jahres einigten, werfe für Israel "legitime Fragen" auf,
meinte Obama. Die Palästinenser würden weder Frieden noch Wohlstand
erreichen, solange die Hamas auf dem Weg von Terror und Ablehnung beharrt.
Die Führung im Gazastreifen reagierte entsprechend ungehalten. Obama halte
"keine neuen Vorschläge" parat, kommentierte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri
gegenüber al-Dschasira. Nötig seien "keine weiteren Parolen, sondern
konkrete Maßnahmen, um die Rechte des palästinensischen Volkes zu
schützen". Einzig Palästinenserpräsident Mahmud Abbas begrüßte die
Anstrengungen Obamas, die Friedensverhandlungen wieder in Gang zu bringen.
20 May 2011
## AUTOREN
A. Passenheim
S. Knaul
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