# taz.de -- Obamas Grundsatzrede: Klare Worte für den Wechsel in Nahost | |
> US-Präsident Barack Obama hat die "arabische Revolution" gewürdigt. Im | |
> israelisch-palästinensischen Konflikt machte er einen überraschenden | |
> Vorschlag. | |
Bild: Barack Obama forderte Syriens Machthaber al-Assad auf, den Wandel in sein… | |
WASHINGTON taz | Mit einer Art Marshallplan will Barack Obama den | |
demokratischen Wandel in der arabischen Welt vorantreiben. Zwei Jahre nach | |
Kairo sprach der US-Präsident in seiner Grundsatzrede zur Nahostpolitik | |
deutlichere Worte als erwartet: Er drängte Syriens Staatschef Baschar | |
el-Assad zum Rücktritt, sofern er gegen Reformen sei und befürwortete eine | |
Zweistaatenlösung für Israel und Palästina in den Grenzen von 1967. Obama | |
sprach von "einem neuen Kapitel der US-amerikanischen Diplomatie". | |
"Zwei Führer in der Region sind zurückgetreten und mehr werden ihnen | |
folgen", sagte Obama in seiner ersten umfassende Ansprache seit Beginn der | |
Umwälzungen in der arabischen Welt. "Die Ereignisse der vergangenen sechs | |
Monate haben gezeigt, dass Strategien der Unterdrückung und Teilung nicht | |
mehr funktionieren." | |
Obama hob das große politische Interesse der USA hervor, den demokratischen | |
Wandel in der gesamten Region zu unterstützen. Die universellen | |
Menschenrechte in den Ländern zu stützen, sei nicht nebensächlich, sondern | |
für die USA die Hauptsache. Das gelte insbesondere für Länder, wo | |
politische Umbrüche noch ausstünden. Er verurteilte die Gewalt in Syrien. | |
Assad habe die Wahl: "Er kann den Umbruch in seinem Land leiten oder | |
gehen." | |
In Libyen arbeite die Zeit gegen Muammar al Gaddafi. Wenn der Diktator | |
gehe, "werden Jahrzehnte der Provokation zu Ende sein" und der Weg frei für | |
einen demokratischen Prozess. An den Wüstenstaat Bahrain gewandt, drang | |
Obama auf politischen Dialog. Den könne man aber nicht führen, wenn die | |
Opposition im Gefängnis sitze. In seiner 45-minütigen Rede im | |
Außenministerium mahnte Obama die Achtung aller Religionen und der | |
Frauenrechte an. | |
## US-Sicherheitsinteressen "füllen keine Bäuche" | |
Obama betonte, dass die Langzeitperspektive sich in den Augen der | |
betroffenen Länder nicht immer mit kurzfristigen amerikanischen Interessen | |
decke. Die Liquidierung von Terrorchef Osama Bin Laden sei ein schwerer | |
Schlag für al-Qaida gewesen. Doch bereits vor seinem Tod hätten sich viele | |
Menschen in der arabischen Welt von ihm abgewandt. "Bin Laden war kein | |
Märtyrer. Er war ein Massenmörder, der eine Botschaft des Hasses angeboten | |
hat", sagte Obama | |
Wie bisher müssten die Sicherheitsinteressen der USA vertreten werden. Doch | |
klar sei auch, dass dies für die Bevölkerung der arabischen Länder "keine | |
Bäuche füllt." Wer das Risiko des Reformkurses auf sich nehme, könne auf | |
die wirtschaftliche Hilfe der USA zählen. Sein Motto heiße: "Handel, nicht | |
nur Hilfe" und "Investition statt Unterstützung". In Ägypten und Tunesien | |
wolle er beginnen. | |
Er habe die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds gebeten, nächste | |
Woche auf dem G8-Gipfel einen Hilfs-Plan für die beiden nordafrikanischen | |
Staaten zu präsentieren. Für Ägypten kündigte Obama einen Schuldenerlass | |
von einer Milliarde Dollar und Hilfe für einen besseren Marktzugang an. Er | |
habe den Kongress aufgefordert, Unternehmensfonds zu gründen, ähnlich denen | |
für Osteuropa. Außerdem werde ein umfassender Handels- und Investitionsplan | |
für den Nahen Osten und Nordafrika ausgearbeitet. | |
## Grenzen von 1967 | |
Deutlicher als erwartet, bekannte sich Obama zu einem Kurs für den | |
Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. "Ein langanhaltender | |
Frieden beinhaltet zwei Staaten mit zwei Völkern." Diese Staaten sollten | |
auf der Grundlage der Grenzen von 1967 liegen - also vor der Eroberung | |
weiter Palästinensergebiete durch Israels Sechstage-Krieg. "Das | |
palästinensische Volk muss das Recht haben, sich selbst zu regieren und ihr | |
Potenzial in einem souveränen und zusammenhängenden Staat zu nutzen." | |
Der Zusammenschluss der radikalen Hamas mit der Fatah-Partei von | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas werfe einige Fragen auf. Wie könne | |
Israel mit einer Regierung verhandeln, in der Teile diesen Staat nicht | |
anerkennen und der Gewalt nicht abschwören. Die palästinensische Führung | |
müsse sich damit Frage auseinandersetzen. Obama betonte, auch die | |
Sicherheitsinteressen Israels müssten gewährleistet sein. | |
Für Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sind die Grenzen von 1967 | |
bislang eine rote Linie - aus ideologischen und sicherheitspolitischen | |
Gründen. Netanjahu glaubt, dass Israel solche Grenzen nicht verteidigen | |
kann. | |
Er trifft an diesem Freitag zu einem viertägigen Besuch in Washington ein | |
und wird am Dienstag vor dem Kongress reden. Einen Tag vorher wird Obama | |
auf dem Jahrestreffen der Pro-Israel-Lobbygruppe Aipac sprechen. | |
Möglicherweise an seinen Besucher gewandt, erklärte Obama: "Weil wir | |
Freunde sind, ist es wichtig, die Wahrheit auszusprechen." | |
19 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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