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# taz.de -- Kommunalwahlen in Spanien: Sozialisten abgemahnt
> Rechtsruck in Spanien: Bei den Kommunal- und Regionalwahlen erzielt die
> PSOE von Ministerpräsident Zapatero das schlechteste Wahlergebnis seit
> 1975.
Bild: Will noch bis 2012 an der Macht bleiben: José Zapatero.
MADRID taz | Spaniens Sozialisten müssen eine enorme Schlappe einstecken.
Bei den landesweiten Kommunalwahlen und Regionalwahlen in 13 Regionen
erzielten die Sozialisten am Sonntag nur 27,8 Prozent der Stimmen. Das sind
über 7 Prozentpunkte weniger als noch vor vier Jahren. Überragender Sieger
ist die konservative Partido Popular (PP) mit 37,5 Prozent - 2
Prozentpunkte mehr als 2007.
Die PSOE von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero verliert fast alle
großen Städte - so auch Barcelona und Sevilla - und vier Regionen, darunter
die Hochburgen Asturien und Castilla La Mancha. In Andalusien, wo nur
Gemeinderatswahlen stattfanden, fielen alle großen Städte an die
Konservativen. Es ist das schlechteste Ergebnis der sozialistischen PSOE
seit dem Übergang Spaniens zur Demokratie 1975.
Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) erzielte landesweit 6,3
Prozent und legte damit knapp einen Prozentpunkt zu. Sie wird künftig
wieder in die Regionalparlamente von Valencia, Castilla León und
Extremadura einziehen. In Extremadura kann die PSOE mithilfe der IU knapp
weiterregieren. Die Union für den Fortschritt und Demokratie (UpyD) der
PSOE-Dissidentin Rosa Diéz zieht erstmals dank Madrid in ein
Regionalparlament ein.
## Sozialisten im Baskenland nur auf Platz 3
Für besonderes Aufsehen sorgen die Ergebnisse im Baskenland. Hier wurden
nur Gemeinde- und Provinzräte gewählt. Erstmals nahm nach jahrelangem
Verbot unter dem Namen Bildu (Sammeln) erstmals ein Wahlbündnis teil, in
dem neben gemäßigten Nationalisten und Postkommunisten auch die Vertreter
des politischen Umfeldes der Separatistenorganisation ETA vertreten sind.
Bildu erzielte 25,5 Prozent und liegt damit knapp hinter der
Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV), die im Baskenland regierenden
Sozialisten sind auf Platz 3 abgedrängt. Bildu wurde vom Verfassungsgericht
genehmigt, nachdem ETA vor neun Monaten einen Waffenstillstand ausgerufen
und sich ihr politisches Umfeld von der Gewalt losgesagt hatte.
"Das Ergebnis steht ganz klar in Zusammenhang mit der tiefen
wirtschaftlichen Krise", erklärte Zapatero, der am Sonntagabend
überraschend selbst vor die Presse trat. Die Wähler "haben uns abgestraft.
Das war vorhersehbar. Wir nehmen das auf uns und verstehen das", sagte er.
Zapateros Regierung hatte im Lauf der Krise schwere Einschnitte bei den
Sozialleistungen und dem Arbeitsrecht vorgenommen. Vergangenen September
riefen die Gewerkschaften deshalb zum Generalstreik auf, und seit dem 15.
Mai erlebt Spanien eine hauptsächlich von jungen Menschen getragenen
Protestwelle. 20 Prozent der Erwerbsfähigen in Spanien sind ohne Arbeit,
die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 45 Prozent.
## Zapatero verzichtet auf dritte Amtszeit
Trotz der schlechten Wahlergebnisse lehnt Premier Zapatero vorgezogene
Parlamentswahlen ab. Er will bis zum Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2012
regieren, kündigte aber den Verzicht auf eine dritte Amtszeit an. "Die
Spanier fordern einen Urnengang", erklärte dagegen die Sprecherin der
konservativen Partido Popular, Soraya Saenz de Santamaría. PP-Chef Mariano
Rajoy begnügte sich darauf, seine jubelnden Anhänger vom Balkon der
PP-Zentrale zu grüßen. Diese forderten auch lautstark die Räumung der
Protestcamps im ganzen Land, die unter dem Motto "Echte Demokratie jetzt!"
seit einer Woche in fast allen Städten Spanien stattfinden.
"Wir haben keine Einschätzung abzugeben. Die Parteien repräsentieren uns
nicht", lautete die einzige offizielle Stellungnahme der Protestbewegung
per Twitter. In dem Madrider Camp an der Puerta del Sol, das laut
Plenarbeschluss "mindestens noch eine Woche" weiterbestehen soll, wird mit
Hochdruck daran gearbeitet, die Bewegung auf die Stadtteile, Vorstädte und
Dörfer der Region auszuweiten.
Am kommenden Samstag werden auf Dutzenden Plätzen Versammlungen
stattfinden. "Wir werden das Ergebnis der Debatten hier auf der Puerta del
Sol vorstellen und Meinungen einholen", erklärte einer der Sprecher, der
von Anfang an mit dabei ist. Per Mail und Facebook wird rege debattiert,
wie es weitergehen soll. "Wir müssen uns auf ein zentrales Thema
verständigen", heißt es immer wieder. Dieses könnte die Reform des
Wahlrechts sein.
23 May 2011
## AUTOREN
Reiner Wandler
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