# taz.de -- Nach Unfall in Chengdu: Foxconn reduziert Computerproduktion | |
> Nach einer Explosion in der Riesenfabrik des iPad-Produzenten in Chengdu | |
> mit Todesfolge reagiert Foxconn. Kritiker fühlen sich in ihren Vorwürfen | |
> bestätigt. | |
Bild: Studenten-Protest gegen Foxconn vorm Apple-Store in Hong Kong. | |
BERLIN taz | Nach dem Tod von drei Arbeitern hat Apple-Zulieferer Foxconn | |
seine Computerproduktion in China eingeschränkt. Zugleich versucht das | |
taiwanesische Unternehmen gemeinsam mit den Behörden, die Ursachen der | |
tödlichen Explosion in seinem Werk in Chengdu aufzuklären. Das Unglück, bei | |
dem 15 weitere Beschäftigte verletzt wurden, fand Ende letzter Woche statt. | |
Chengdu liegt 1.500 Kilometer nördlich von Hongkong. Hier fertigt Foxconn | |
unter anderem Millionen iPads im Auftrag des US-Konzerns Apple. Schon 2010 | |
war die Firma wegen des Todes mehrerer Arbeiter in Bedrängnis geraten. | |
Damals hatten sich 13 Arbeiter und Arbeiterinnen im Werk in Shenzhen bei | |
Hongkong das Leben genommen. Sie stürzten sich aus den oberen Stockwerken | |
der Fabrik in den Tod. Kritiker führen die Selbsttötungen auch auf die | |
Arbeitsbedingungen im Unternehmen und Perspektivlosigkeit zurück. | |
Die Explosion ereignete sich in einer Abteilung der Fabrik, in der Gehäuse | |
und Bauteile von Computern poliert werden. Nach Angaben einer | |
Foxconn-Sprecherin explodierte dabei "brennbarer Staub in einer Leitung". | |
## Produktion wichtiger als Arbeiter | |
Die Kritikerorganisation Sacom (Studenten und Professoren gegen das | |
Fehlverhalten von Unternehmen) aus Hongkong betonte, sie habe Foxconn | |
bereits vor Monaten auf die mangelnde Arbeitssicherheit in der Produktion | |
aufmerksam gemacht. Beim Polieren der Computer entstehe feiner Staub, der | |
wegen der schlechten Lüftung in den Werkhallen herumschwirre. Dieser habe | |
sich entzündet und die Detonation verursacht. "Das zeigt, dass Foxconn die | |
Produktion über das Leben der Arbeiter stellt", sagte Sacom-Mitarbeiterin | |
Chan Sze Wan. | |
Mitte April hatte die taz das Werk in Chengdu besucht. In den Gesprächen | |
beschwerten sich viele Arbeiterinnen und Arbeiter über die teilweise | |
schlechten Arbeitsbedingungen. Immer wieder ging es um mangelnde Sicherheit | |
und Sauberkeit in den Produktionshallen: Die riesigen Fabriken, in denen | |
rund 100.000 Beschäftigte arbeiten, sind Baustelle und Produktionsstätte | |
zugleich. In vielen Hallen läuft die Herstellung der iPads für Apple auf | |
Hochtouren, während neue Gebäude hochgezogen werden. Manche Straßen auf dem | |
Werksgelände sind noch Schlammpisten. Stahlträger und andere Baumaterialien | |
liegen herum. | |
## 20 Mio iPads pro Jahr | |
Der Foxconn-Konzern wächst enorm schnell - unter anderem durch den rasanten | |
Absatz der Apple-Produkte iPhone und iPad. Trotzdem kann das | |
Zulieferunternehmen die Nachfrage großer Markenunternehmen wie Apple, | |
Nokia, Sony und Dell kaum befriedigen. Nach Angaben des Unternehmens können | |
in Chengdu 20 Millionen iPads pro Jahr hergestellt werden. Bald soll die | |
Kapazität auf 100 Millionen iPads und die Belegschaft von 100.000 auf | |
250.000 Menschen steigen. Bei der Eröffnung des Werks rühmte Foxconn-Chef | |
Terry Gou, man habe die Fabrik in der "Weltrekordzeit" von nur 76 Tagen | |
errichtet. | |
Ein weiteres Problem bei Foxconn sind die permanenten Überstunden. Die | |
Beschäftigten leisten 80 oder mehr Stunden Mehrarbeit pro Monat, obwohl das | |
chinesische Arbeitsgesetz nur 36 erlaubt. | |
"Um dieses Ziel einzuhalten, fehlt es uns allerdings an Infrastruktur", | |
sagte Foxconn-Manager Louis Woo im Gespräch mit der taz. "Das ist keine | |
Entschuldigung, wir wollen die Regeln nicht brechen. Um sie einzuhalten, | |
bauen wir mehr Fabriken, mehr Wohnheime für die Beschäftigten. Und wir | |
stellen auch mehr Leute ein." Um die Nachfrage befriedigen zu können, lässt | |
Foxconn seine Beschäftigten nun aber erst einmal länger arbeiten, als | |
gesetzlich gestattet ist. | |
25 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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