Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bewegung in der Atompolitik: Streit um Steuer auf Brennstäbe
> Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will die Brennelementesteuer
> abschaffen. CDU-Haushaltspolitiker, FDP und Opposition sind dagegen.
Bild: Streitobjekt Brennelemente: Über ihre Besteuerung ist ein neuer Streit e…
BERLIN taz | Wie eine Wildsau ist Horst Seehofer (CSU) vorgeprescht: Der
bayrische Ministerpräsident hat in der Süddeutschen Zeitung die Abschaffung
der Brennelementesteuer gefordert. Mit abenteuerlicher Begründung: Sie sei
eingeführt worden "im Zusammenhang mit einer deutlichen
Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke". Grünen-Fraktionschef Jürgen
Trittin sagte daraufhin, Seehofer habe damit "unfreiwillig eines zugegeben:
dass die Koalition sich von der Atomindustrie hat kaufen lassen".
Im Kanzleramt wiegelt man ab. "Noch ist da ja noch nichts beschlossen",
sagte eine Sprecherin am Donnerstag der taz. Die Steuer ist auch für die
Sanierung des maroden Atommüllagers Asse gedacht und wird beim Austausch
von Brennstäben fällig. Dass ihre Abschaffung im Rahmen des Energiekonzepts
der Bundesregierung am 6. Juni im Kabinett beschlossen werde, wie Politiker
der Opposition befürchten, sei noch nicht sicher, so die
Kanzleramtssprecherin. "Das ist eine ergebnisoffene Diskussion".
Laut Süddeutscher Zeitung ist Seehofer nicht der einzige bei den
Christdemokraten, der mit einer Abschaffung liegäugelt. Am Sonntag tagt der
Koalitionsausschuss, ein Beratungsgremium der regierenden Parteien. Und da
könnte es mal wieder Krach geben, denn sowohl die FDP als auch
CDU-Haushaltspolitiker sind gegen eine Abschaffung der Steuer.
Generalsekretär Christian Lindner sagte: "Das ist keine Forderung der FDP."
Auch Norbert Barthle, haushaltspolitischer Sprecher der Union, ist
überhaupt nicht amüsiert über die durch Horst Seehofer angestoßene Debatte.
"Wer solche Diskussionen führt, öffnet die Tür für Verhandlungen. Diese Tür
muss ganz schnell wieder zugeschlagen werden." Zudem verweist Barthle
darauf, dass man die aus der Erhöhung der Kohlendioxid-Abgabe
resultierenden Extragewinne der Stromkonzerne abschöpfen wolle, dafür sei
die Steuer konzipiert. Und im Haushalt fehlten dann Milliarden; 2,3 waren
eigentlich pro Jahr eingeplant, nach der Abschaltung von Kraftwerken käme
man ohnehin nur noch auf 1,5.
Claudia Kemfert, Leiterin der Energie-Abteilung am Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW), sagte, man bekomme "genau wie im letzten Jahr
den Eindruck, dass man erst mit den Konzernen spricht, deren Bedürfnisse
erfüllt und dann ein Energiekonzept erarbeitet".
## Trittin: "politische Korruption"
Die Opposition kritisiert den Vorstoß harsch. Grünen-Fraktionschef Trittin
sprach von "politischer Korruption" und setzte hinzu, es müsse eine
Beteiligung derjenigen geben, die mit der Kernspaltung Geld verdienten,
keine CO2-Zertifikate kaufen müssten, "aber Unmengen von Atommüll
produziert haben, die nun dem Steuerzahler auf die Füße fallen". Und
eigentlich müsste die Steuer sogar erhöht werden. Der grüne
Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sprach von einem "Lobbygeschenk".
Würde die Steuer abgeschafft, dürfte es auch schwieriger werden mit dem
geplanten neuen überparteilichen Atomkonsens. Am Mittwoch beriet die
Bundesregierung hierzu mit den Spitzen von SPD und Grünen. Der Vorsitzende
der SPD-Energiekommission, Thorsten Schäfer-Gümbel, sagte: "Auf diesen
Kuhhandel der Bundesregierung lassen wir uns nicht ein." Die
hochprofitable, aber subventionsverliebte Atombranche müsse endlich für die
Folgekosten ihres eigenen Wirtschaftens zur Kasse gebeten werden. Bei der
Atombranche selbst dürfte die Anspannung groß sein. RWE-Chef Jürgen
Großmann sagte am Mittwoch beim CDU-Wirtschaftsrat, Deutschland sei "auf
dem Weg in die Ökodiktatur".
26 May 2011
## AUTOREN
Julia Seeliger
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Auch EnBW will Bundesregierung verklagen: Drei gegen die Brennelementesteuer
Der baden-württembergische Energiekonzern will als dritter Versorger gegen
die Brennelementesteuer klagen. EnBW führt an, die Steuer verursache
Verluste dreistelliger Millionenhöhe.
Debatte Ökodiktatur: Die Dienstwagenverteidiger
Die Atomlobby hat ihre PR-Leute losgelassen: Eine "Ökodiktatur" drohe uns.
Die ist doch längst Realität! Und die Öko-Skeptiker treiben uns immer
weiter in die Tyrannei.
Kritik von Atomkonzernen und Grünen: "Versorgungssicherheit gefährdet"
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat die Bundesregierung für ihre
Atompolitik kritisiert. Sehenden Auges steuere man auf eine unsichere
Situation zu. Auch die Atomkonzerne sind unzufrieden.
Kritik an Rot-Grün in NRW wächst: Unverständnis für Energiepolitik
In NRW wird eine Urananreicherungsanlage ausgebaut - trotz
Sicherheitsmängeln und rot-grüner Regierung. AKW-Gegner fordern einen
Kurswechsel.
Atomausstieg der Parteien: Kerngedanken der Politik
Der Atomausstieg gelingt voraussichtlich 2014, 2017 oder doch erst 2022?
Ein Überblick über die Pläne und Ziele der Parteien, aus der Atomenergie
auszusteigen.
Kommentar AKW-Stresstests: Fakten schaffen gegen den Wahnsinn
Ausgerechnet beim Thema Atomsicherheit darf jedes EU-Land allein
entscheiden, was es tut. Jetzt braucht es Menschen, die die Atomenergie mit
Alternativen wegdrücken.
Begründung "Energiewende": Schwarz-Gelb stellt Atomsteuer infrage
Die Bundesregierung will die gerade erst eingeführte Brennelementesteuer
abschaffen. Laut Financial Times Deutschland sei das "Teil eines
informellen Geschäfts" mit den Atomkonzernen.
Abteilungsleiter im Umweltministerium: Deutschlands unbeliebtester Lobbyist
Gerald Hennenhöfer ist Röttgens wichtigster Mann für den Ausstieg. Bei ihm
läuft zusammen, was mit den Atomrisiken zu tun hat. Kritik lässt ihn kalt.
Hauptversammlung des Atomkonzerns: RWE unter Strom
Dem Essener Atomstromkonzern RWE droht ein massiver Gewinneinbruch.
RWE-Chef Großmann schiebt die Schuld auf die Politik – und erntet heftige
Proteste.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.