# taz.de -- Abteilungsleiter im Umweltministerium: Deutschlands unbeliebtester … | |
> Gerald Hennenhöfer ist Röttgens wichtigster Mann für den Ausstieg. Bei | |
> ihm läuft zusammen, was mit den Atomrisiken zu tun hat. Kritik lässt ihn | |
> kalt. | |
Bild: Fühlt sich sichtlich wohl in seiner Rolle: Gerald Hennenhöfer. | |
BERLIN taz | "Der Mann ist die Pest", "illoyal", "er hintertreibt | |
politische Vorgaben, er macht sein eigenes Atomding". Das sagen in diesen | |
Tagen andere über Gerald Hennenhöfer. Derweil sagt Hennenhöfer gerne über | |
sich: "Guten Tag, ich bin der unbeliebte Atomlobbyist im | |
Bundesumweltministerium" - soll heißen: seht her, ich kann über Kritik | |
lachen, da ist gar nichts dran. Wirklich nicht? | |
Gerald Hennenhöfer, geboren 1947, Leiter der Abteilung "Sicherheit | |
kerntechnischer Einrichtungen, Strahlenschutz, nukleare Ver- und | |
Entsorgung" im Umweltministerium - und damit der wichtigste Mann für den | |
schwarz-gelben Atomausstieg. Natürlich müssen auch die Kollegen aus den | |
Abteilungen Klimaschutz und Erneuerbare Energien ran. | |
Bei Hennenhöfer aber läuft zusammen, was mit den Risiken der Reaktoren, | |
ihrer Laufzeit und dem Ausstieg zu tun hat. Er koordiniert den | |
Sicherheitscheck für die hiesigen Meiler, er leitet die | |
Handlungsanweisungen aus den Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission | |
ab. | |
Wenn CDU-Umweltminister Norbert Röttgen es ernst meine mit dem | |
Atomausstieg, müsse er sich spätestens jetzt von ihm trennen, sagen die | |
Atomkritiker von der Deutschen Umwelthilfe. Kaum eine Personalie ist so | |
umstritten wie diese. | |
Röttgen holte den Juristen Hennenhöfer kurz nach dem Regierungswechsel 2009 | |
in sein Haus. Er hatte schon einmal, zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition | |
bis 1998, die Abteilung Reaktorsicherheit geleitet. Damals war Angela | |
Merkel Umweltministerin. Hennenhöfer verbat Hessen per Weisung, das | |
anfällige Akw Biblis stillzulegen. Sachsen-Anhalt zwang er, Atommüllfässer | |
in die marode Salzgrube Morsleben einzulagern. Unter dem Grünen Jürgen | |
Trittin flog Hennenhöfer raus. | |
Er wechselte zu dem Energiekonzern Viag, den er als Beamter noch | |
kontrolliert hatte. Viag war ein Vorläufer des Energieriesen Eon. 2000 | |
handelte Hennenhöfer als Eon-Generalbevollmächtigter für Wirtschaftspolitik | |
den Atomausstieg mit Rot-Grün aus, er setzte sogar seine Unterschrift unter | |
den Vertrag, den die Regierung mit den Konzernen schloss. Seiner | |
Überzeugung entsprach der Ausstieg aber nie. | |
## Merkel hat den Lobbyist empfohlen | |
2004 wechselte er dann zur Kanzlei Redecker. Dort hatte er als Mandantin | |
das Helmholtz-Zentrum München, bis 2008 Betreiber des maroden Atomlagers | |
Asse - und riet dem Zentrum zum Beispiel, sich mit Informationen an die | |
Öffentlichkeit zurückzuhalten. Hennenhöfer kennt die Welt der Politik | |
bestens - und die der Konzerne. Röttgen soll der Lobbyist von der Kanzlerin | |
empfohlen worden sein. | |
Kurz nach Hennenhöfers Berufung wies die Deutsche Umwelthilfe aber schon | |
darauf hin, dass er nicht der richtige Mann sei für den Job: Nach Paragraf | |
20 Verwaltungsverfahrensgesetz darf für eine Behörde "in einem | |
Verwaltungsverfahren" nicht mitarbeiten, "wer außerhalb seiner amtlichen | |
Eigenschaften in der Angelegenheit tätig geworden ist". Das war zu Zeiten, | |
als Schwarz-Gelb die Laufzeiten verlängern wollte. Röttgen verteidigte | |
seinen Mann wieder und wieder. Hennenhöfer sei fachlich qualifiziert, ein | |
Beamter, "nicht generell befangen". | |
Der Beamte verhandelte für die Regierung mit den Managern von RWE, Eon, | |
EnBw und Vattenfall den Ausstieg aus dem Atomausstieg mit. Am Ende stand | |
ein Vertrag, der zunächst geheim bleiben sollte und für die Atomkonzerne | |
lukrative Schutzklauseln enthielt. Die Ausgaben für die Sicherheit wurden | |
auf einen Maximalbetrag begrenzt. Die Konzerne behielten sich eine Klage | |
gegen die Brennelementesteuer vor. | |
Hennenhöfer hinterlässt Spuren - allerdings nicht formaler Art. Der | |
Abteilungsleiter unterschreibt kaum Papiere, das machen seine Vertreter. Er | |
tritt auch nicht in Talkshows auf, er gibt keine Interviews. Auch mit der | |
taz will er nicht reden, nicht Stellung beziehen zu den Vorwürfen. "Die | |
Diskussion ist ja bekannt", sagt eine Sprecherin des Hauses nur. | |
Mittlerweile, so heißt es im Ministerium, "fehlt Hennenhöfer aber das | |
Vertrauen der Hausleitung". "Entlassen Sie jetzt Hennenhöfer, Herr | |
Röttgen?" - wer den Minister bei einem seiner Auftritte derzeit so fragt, | |
erhält aber nur die knappe Antwort: "Wieso sollte ich?" Röttgen kann nicht | |
anders, hielte der Minister jetzt nicht an dem entscheidenden hohen Beamten | |
fest, er stünde selbst schlecht da. Es bleibt bei Hennenhöfers Auftrag. | |
10 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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