# taz.de -- G-8-Gipfel in Paris: Hilfe für die aufständische Region | |
> Die neuen arabischen Staatschefs werden Unterstützung von den G8-Staaten | |
> fordern. Frankreich kündigte "ein Paket aus Finanzen und Handel" an. | |
Bild: Protest am Rande des G8-Gipfels in Paris. | |
BERLIN taz | Auf der offiziellen Liste der "Gipfelprioritäten" der | |
französischen G-8-Präsidentschaft taucht die arabische Welt nicht auf. | |
Faktisch jedoch rücken die neuen arabischen Demokratien bei den | |
Gipfelberatungen von Deauville an die Stelle von Afrika als Nachweis dafür, | |
dass sich die reichsten Industrienationen nicht nur mit sich selbst | |
beschäftigen. | |
Die angereisten tunesischen und ägyptischen Regierungschefs werden | |
erklären, dass sie wegen des Rückgangs von Tourismus und | |
Auslandsinvestitionen seit Jahresbeginn um die 10 Milliarden Euro Einnahmen | |
verloren haben. Und dafür hätten sie gern Ersatz. | |
"Ägyptens Wirtschaft befindet sich wegen des Fehlens von | |
Sicherheitskräften, wegen religiöser Spannungen und zunehmender sozialer | |
Proteste in einer ernsthaften Sackgasse", sagte Ibrahim Issawi, Ökonom im | |
ägyptischen Ölministerium. Der tunesische Ökonom Mohamed Ben Romdhane | |
warnte: "Die internationale Gemeinschaft muss verstehen, dass das Risiko | |
eines Scheiterns der tunesischen Revolution nicht nur für die arabische | |
Region eine Gefahr darstellt, sondern auch für den Weltfrieden." | |
Weltbankpräsident Robert Zoellick legt in Deauville 6 Milliarden Dollar (4 | |
Milliarden Euro) auf den Tisch, drei Viertel davon für Ägypten und ein | |
Viertel für Tunesien. Die Empfängerstaaten sollen dafür die | |
Demokratisierung fortführen, den Staatsapparat transparenter machen, | |
Arbeitsplätze schaffen und den Privatsektor entwickeln. Man arbeite mit | |
anderen multilateralen Banken sowie dem IWF zusammen, "und diese | |
gemeinsamen Bemühungen werden Thema der Diskussionen sein, die wir mit den | |
G 8 führen werden", so Zoellick. Der IWF will Ägypten mit bis zu 4 | |
Milliarden Dollar unterstützen. | |
Gastgeber Frankreich kündigte "ein Paket aus Finanzen und Handel" an, wie | |
Außenhandelsminister Pierre Lellouche zu Wochenbeginn sagte. Gedacht ist an | |
die Umwandlung von Auslandsschulden in Investitionen - ein in Afrika | |
erprobtes und da nicht besonders beliebtes Modell, wonach Regierungen | |
Anteile an Staatsunternehmen verschenken und Geberländer ihnen im Gegenzug | |
Auslandsschulden in gleicher Höhe erlassen. Deutschland will sich an einem | |
solchen "Schuldenwandel" mit 300 Millionen Euro über vier Jahre beteiligen, | |
sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag bei ihrer | |
Regierungserklärung. | |
Ansonsten, so Merkel, will Deutschland 130 Millionen Euro für die arabische | |
Welt zur Verfügung stellen - so viel kostete letztes Jahr der Bau der | |
Müllverbrennungsanlage Staßfurt in Sachsen-Anhalt. Dennoch soll am Ende des | |
Gipfels laut Merkel ein "bedeutendes und wirkungsvolles Maßnahmenpaket" und | |
nach französischen Medienberichten eine "langfristige Partnerschaft" mit | |
der arabischen Welt stehen. | |
In französischen Gedankenspielen wird diese Aufgabe mit der Transformation | |
in Osteuropa und der Exsowjetunion nach 1989 verglichen. Frankreich will | |
sich als wichtigster Partner der neuen Demokratien anbieten, nachdem es | |
zuvor wichtigster Partner der Diktatoren war. | |
26 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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