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# taz.de -- "Tag der Wut" in Ägypten: Noch keine "zweite Revolution"
> Ohne Muslimbrüder, dafür klar gegen das Militär: Die Demos an diesem
> Freitag markieren ein Bruch der Bewegung in Ägypten. Und die
> Teilnehmerzahlen sinken.
Bild: Die Wut auf dem Tahrir-Platz in Kairo ist wieder da.
KAIRO taz | Eigentlich sieht der Tahrirplatz aus wie immer, wenn dort in
den letzten Monaten freitags zu großen Demonstrationen gerufen wurde:
Inhaltlich jedoch markiert die "zweite Revolution", der "Freitag der Wut",
zu dem für den 27. Mai die Protestbewegungen, Jugendbündnisse und rund
zwanzig Parteien aufgerufen haben, einen doppelten Bruch.
Zum einen zwischen der Protestbewegung und dem Militär. Zum ersten Mal
mobilisierte die Bewegung für eine Großdemonstration offen und mit scharfer
Kritik gegen den herrschenden Militärrat (SCAF). Das Mobilisierungsvideo
kontrastiert Aussagen der Generäle, es habe unter ihrer Regierung keine
Menschenrechtsverletzungen gegeben, und das Militär habe nie auf
Protestierende geschossen mit Bildern gefolterter Demonstranten und Videos
vom 9. April, als das Militär nach der letzten Großdemo das Feuer auf die
Protestierenden eröffnete.
In den verschiedenen Forderungskatalogen, die für den 27. Mai ausgegeben
wurden, richten sich die meisten gegen die Politik des SCAF: Nein zu
Verurteilungen von Zivilisten durch Militärtribunale, Ende der
Straffreiheit für Polizisten und Soldaten, die foltern und töten, Rückzug
des Militärs aus der Politik und Einsetzung einer zivilen
Übergangsregierung.
## Gegendemonstrationen der Salafiten
Zum anderen bedeutet der 27. Mai einen Bruch innerhalb der Bewegung, die
die Revolution getragen hat: Zum ersten Mal haben sich die
radikalislamischen Muslimbrüder dem Aufruf nicht angeschlossen. Sie haben
im Gegenteil sogar aggressiv gegen die "zweite Revolution" mobilisiert, in
Alexandria kündeten sie gar Gegendemonstrationen an. Einige
Salafitengruppen äußerten, die Jugendlichen, die an diesem Tag
demonstrierten, seien "Atheisten und ungläubig".
Nicht nur in den Reden auf dem Tahrirplatz fehlen diesmal religiöse
Elemente - auch bei den Teilnehmerzahlen macht sich Fehlen der
Massenorganisationen bemerkbar. Anders als Anfang April, als noch einmal
eine Million Menschen auf die Straße gingen, sind es an diesem Freitag eher
50.000 bis 100.000. Der radikale Teil der Bewegung hat angekündigt, den
Platz erneut zu besetzen und dieses Mal nicht aufzugeben, bis wesentliche
Forderungen der Revolution tatsächlich umgesetzt sind.
Am 8. Mai hat dies mit Schüssen des Militärs, mehreren Toten und
zahlreichen Verletzten geendet. Dieses Mal hat der SCAF in einer Erklärung
im Vorfeld angekündigt, bei Demonstrationen nicht mehr einzugreifen, aber
auch öffentliche Einrichtungen oder die Straßen nicht mehr zu sichern,
gleich was geschehe, dies überlasse er der Jugend, in die er volles
Vertrauen habe.
"Das ist ein Freibrief für bezahlte Schlägertrupps, uns anzugreifen", sagt
der Aktivist Hussein. Einen solchen Angriff fürchten viele, wenn die
meisten Demonstrierenden sich am Abend zurückziehen und die AktivistInnen
übrigbleiben. Die Bewegung 6. April hat bereits Komitees organisiert, die
den Platz, aber auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und
Straßen sichern sollen.
27 May 2011
## AUTOREN
Juliane Schumacher
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