# taz.de -- Proteste im Jemen und in Bahrain: Mindestens 41 Tote in Sanaa | |
> In der jemenitischen Hauptstadt eskaliert die Gewalt zwischen | |
> Regierungtruppen und Stammesmilizen, erste Botschaften schliessen. In | |
> Bahrain wurde der Ausnahmezustand aufgehoben. | |
Bild: Proteste gegen die Regierung in der Stadt Taiz am Mittwoch. | |
SANAA/MANAMA dpa/dapd | Bei heftigen Straßenkämpfen zwischen | |
Regierungsstreitkräften und Stammesmilizen sind in der jemenitischen | |
Hauptstadt Sanaa am Mittwoch nach Angaben eines Arztes mindestens 41 | |
Menschen getötet worden. Auf beiden Seiten habe es Opfer gegeben, hieß es. | |
Augenzeugen berichteten zudem, Einheiten der Präsidentengarde hätten das | |
Hauptquartier einer Brigade mit Artillerie beschossen, die für den Schutz | |
von Regierungsgebäuden zuständig sei. Der Kommandeur wolle sich offenbar | |
den Rebellen anschließen, die Präsident Ali Abdullah Saleh stürzen wollen, | |
hieß es. | |
Am Mittwoch wurde die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen. Auch die | |
italienischen Diplomaten haben inzwischen die jemenitische Hauptstadt | |
verlassen. Die deutsche Botschaft in Sanaa ist derzeit noch mit einer | |
Kernmannschaft besetzt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: "Es | |
gibt derzeit keine konkreten Pläne, die Botschaft zu schließen, aber wir | |
beobachten die Lage sehr aufmerksam." | |
Auch in Tais dauerten die gewaltätigen Auseinandersetzungen zwischen | |
Regierungstruppen und Gegnern des Präsidenten am Mittwoch an. Am Tag zuvor | |
waren hier 12 Demonstranten erschossen worden, als Sicherheitskräfte | |
versuchten ein Protestcamp im Stadtzentrum zu räumen. | |
Im arabischen Königreich Bahrain wurde am Mittwoch der vor zweieinhalb | |
Monaten verhängte Ausnahmezustand aufgehoben. Einwohner der Hauptstadt | |
berichteten, die zuvor auf Straßen und Plätzen stationierten Panzer und | |
Soldaten seien abgezogen worden. Einige Straßensperren der Polizei und der | |
Nationalgarde seien jedoch geblieben. Eine gewisse Nervosität war nach | |
Angaben von Augenzeugen jedoch immer noch spürbar. Einige Aktivisten hatten | |
für diesen Mittwoch zu Protestdemonstrationen aufgerufen. | |
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte die Behörden | |
davor, erneut mit Gewalt gegen Demonstranten vorzugehen. Nach offiziellen | |
Angaben starben seit Beginn der Proteste am 14. Februar 24 Menschen, | |
darunter vier Polizisten. Vier Aktivisten starben in Haft. Hunderte von | |
mutmaßlichen Regimegegnern sollen festgenommen worden sein oder ihre Arbeit | |
verloren haben. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hatte am Dienstag | |
die Freilassung eines bahrainischen Mitarbeiters gefordert, der am 6. Mai | |
inhaftiert worden war. | |
König Hamad bin Issa al-Chalifa hatte am Dienstag einen Dialog mit allen | |
politischen Gruppierungen angekündigt. Die blutigen Proteste hatten dem | |
Königreich wirtschaftlich sehr geschadet. Der Automobilverband FIA wird an | |
diesem Freitag entscheiden, ob ein Formel-1-Rennen in Bahrain, das im | |
Februar wegen der Unruhen abgesagt worden war, im Herbst nachgeholt wird | |
oder nicht. | |
Die Demonstranten hatten im Februar zunächst mehr Macht für das gewählte | |
Parlament gefordert. Als die Sicherheitskräfte den Lulu-Platz, auf dem die | |
Protestbewegung eine Zeltstadt errichtet hatte, mit Gewalt räumte, | |
eskalierte der Konflikt und die ersten Rufe nach einem Ende der Herrschaft | |
der sunnitischen Al-Chalifa-Familie wurden laut. Die meisten Demonstranten | |
gehören der schiitischen Bevölkerungsmehrheit an. | |
1 Jun 2011 | |
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