# taz.de -- Jemen im Chaos: Präsident Saleh bei Attacke verletzt | |
> In Jemens Hauptstadt Sanaa spitzt sich die Lage zu. Mehrere | |
> Regierungspolitiker wurden zum Ziel von Granatenangriffen. Armee und | |
> Stammeskämpfer liefern sich heftige Feuergefechte. | |
Bild: Feuerschein in einem Viertel in Sanaa, in dem auch in der Nacht die Kämp… | |
SANAA/ISTANBUL dpa/rtr | Bei einer Attacke auf eine Moschee neben dem Haus | |
des jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih sind am Freitag mehrere | |
Politiker verletzt worden. Augenzeugen berichteten, Parlamentspräsident | |
Jahja al-Rai und Vize-Ministerpräsident Raschad al-Alimi hätten | |
Verletzungen erlitten, als das Gebäude von Granaten getroffen wurde. Der | |
Nachrichtensender Al-Arabija meldete, Präsident Salih habe leicht | |
Verletzungen davongetragen. Vier Angehörige der Präsidentengarde seien | |
getötet worden. | |
Laut Augenzeugen hatte die Republikanische Garde, die loyal zu Präsident | |
Salih steht, zuvor die Häuser von General Mohsen al-Ahmar und den | |
Oppositionspolitiker Scheich Hamid al-Ahmar angegriffen. Die Anhänger der | |
beiden Männer hätten daraufhin zum Gegenschlag ausgeholt und auf das | |
Gelände des Präsidentenpalastes gefeuert. | |
Im Jemen dauert der Machtkampf zwischen Anhängern und Gegnern des | |
langjährigen Präsidenten Ali Abdullah Saleh an. Zentrum der Gewalt ist die | |
Hauptstadt Sanaa, in der am Freitag Sicherheitskräfte erneut auf | |
Demonstranten schossen, die den Rücktritt Salehs verlangten. Dabei wurden | |
nach Beobachtungen von Zeugen mindestens sieben Menschen verletzt. | |
In anderen Teilen der Hauptstadt lieferten sich Stammeskämpfer und | |
Spezialeinheiten der Armee Feuergefechte um die Kontrolle von | |
Regierungsgebäuden. | |
## Marsch auf Sanaa | |
Die BBC hatte am Donnerstagabend gemeldet, dass sich insbesondere in der | |
Hauptstadt Sanaa die Auseinandersetzungen verschärft hätten, da | |
Stammesmilizen nun versuchen würden, Stellungen der Regierung im Norden | |
Sanaas zu durchbrechen. Laut Augenzeugen befänden sich zahlreiche Kämpfer | |
auf dem Weg in die Hauptstadt, um sich in die dort schon aufgeflammten | |
Kämpfe einzumischen. | |
Aufgrund der Kämpfe war am Donnerstag der Flughafen von Sanaa geschlossen | |
worden, die Behörden ließen aber mitteilen, dass dort inzwischen wieder | |
normaler Flugbetrieb herrsche. | |
Tausende Menschen haben die Stadt mittlerweile verlassen. Viele Läden sind | |
geschlossen, und an den Tankstellen hätten sich lange Fahrzeugschlangen | |
gebildet, so die BBC. "Sanaa leert sich, und wenn diese Kämpfe andauern, | |
dann ist Yemen am Ende", zitierte die BBC einen Bewohner Sanaas. | |
## Deutsche Botschaft mit Notbesetzung | |
Inzwischen wurde die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen. Auch die | |
italienischen Diplomaten haben bereits den Jemen verlassen. Die deutsche | |
Botschaft in Sanaa ist derzeit noch mit einer Kernmannschaft besetzt. Eine | |
Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: "Es gibt derzeit keine konkreten | |
Pläne, die Botschaft zu schließen, aber wir beobachten die Lage sehr | |
aufmerksam." Das Auswärtige Amt hatte am 28. Februar eine Reisewarnung für | |
den Jemen ausgesprochen. Derzeit halten sich noch rund 30 Deutsche im Land | |
auf. | |
## Kämpfe in der Stadt Tals | |
In der Stadt Tais waren bei Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen | |
und Anti-Salih-Demonstranten in den vergangenen Tagen Dutzende von | |
Zivilisten getötet worden. Nach Angaben der Oppositionsmedien ging das | |
Blutvergießen auch am Mittwoch und Donnerstag weiter. Mehrere | |
Zufahrtsstraßen wurden von den Regierungstruppen blockiert. | |
In der südlichen Stadt Aden leben inzwischen nach Informationen der | |
Nachrichtenwebsite News Yemen 3000 Vertriebene aus der Provinz Abijan in | |
Schulen. Sie waren vor den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und | |
al-Qaida-Terroristen rund um die Stadt Sindschibar geflohen. | |
## Opposition gegen Straffreiheit | |
Das Oppositionsbündnis JMP zog unterdessen seine Zustimmung zu einem von | |
den arabischen Golfstaaten vorgeschlagenen Plan zurück, der einen Rücktritt | |
Salihs vorsieht, ihm gleichzeitig aber Straffreiheit garantiert. Salih | |
hatte die Vereinbarung nicht unterzeichnet. Am Donnerstag deutete ein | |
Regierungssprecher an, der Präsident könne doch noch unterschreiben, was | |
von der Opposition aber ignoriert wurde. | |
3 Jun 2011 | |
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