# taz.de -- Neue Bildungspolitik: CDU-Experten setzen auf Kita | |
> Die CDU will sich in der Bildungspolitik neu aufstellen: Künftig soll es | |
> ein verpflichtendes Vorschuljahr geben. Eine Kommission erarbeitet dazu | |
> Leitlinien. | |
Bild: Pläne der CDU: Alle Kinder sollen ein Jahr in die Vorschule. | |
BERLIN taz | Die Christdemokraten wollen auf ihrem Parteitag im Herbst | |
bildungspolitisch eine Rolle vorwärts machen. Eine Parteikommission unter | |
Vorsitz von Bundesbildungsministerin Annette Schavan und des sächsischen | |
Kultusministers Roland Wöller wird der Parteibasis vorschlagen, den | |
Kindergarten als Teil des Bildungssystems anzuerkennen und die Kinder ein | |
Jahr vor der Einschulung zum Besuch zu verpflichten. | |
"Wir wollen ein Vorschuljahr, welches den Kindergarten mit der Schule | |
verzahnt", sagte Kommissionsvorsitzender Wöller der taz." Dies solle in den | |
nächsten zehn Jahren umgesetzt werden. Ferner schlagen die Autoren vor, den | |
Fetisch "Hauptschule" endgültig aufzugeben und in eine Oberschule zu | |
integrieren. Des Weiteren wollen sie die Partei dazu bewegen, eine | |
Grundgesetzänderung zur Abschaffung des Kooperationsverbotes anzustreben. | |
Die CDU-Kommission wurde im Januar vom Vorstand eingesetzt und soll für den | |
Parteitag im November in Leipzig neue bildungspolitische Leitlinien | |
erarbeiten. Am 26. Juni beraten der Bundesvorstand und das Präsidium über | |
die Vorschläge. | |
## Auch Schulstrukturen sollen vereinfacht werden | |
In ihrem Entwurf unter der Überschrift "Bildungsrepublik Deutschland" | |
erneuern die Autoren die CDU-Forderung nach einem verpflichtenden Kitajahr | |
und schlagen eine "gemeinsame Zuständigkeit für Kindergärten und Schulen in | |
den Bildungsministerien der Länder" vor. "Wir haben Kindergärten jahrelang | |
als Betreuungseinrichtungen wahrgenommen. Sie sind aber wichtige | |
Bildungsinstitutionen", sagte Wöller. Ziel sei eine Bildungspolitik aus | |
einem Guss. | |
Auch die Schulstrukturen wollen die Kommissionsmitglieder vereinfachen. Aus | |
26 unterschiedlichen weiterführenden Schularten sollen nach ihren | |
Vorstellungen zwei werden: das Gymnasium und die Oberschule, die Real- und | |
Hauptschule vereint. Mit dem vorgeschlagenen Modell verabschiedet sich die | |
CDU-Kommission von der lange mit Verve verteidigten Hauptschule. Die CDU | |
habe sich lange schwergetan, die demografische Realität zur Kenntnis zu | |
nehmen, sagte Wöller. "Die Hauptschule ist in den Augen der Eltern heute | |
eine Restschule." | |
Ein Zwei-Wege-Modell, wie es Sachsen seit 20 Jahren habe, sei sowohl sozial | |
als auch demografisch gerechter. Er gehe davon aus, dass der Vorschlag | |
innerhalb der CDU auf breiten Widerhall treffen werde. | |
Konsensfähig dürfte auch der Vorschlag der Parteikommission sein, die | |
Schulen zu stärken. So weisen ihnen die Autoren neben dem Bildungsauftrag | |
auch einen Erziehungsauftrag zu und regen den Ausbau von | |
Ganztagsgrundschulen an. Im Entwurf heißt es: "Damit geht die Erwartung an | |
einen pädagogisch strukturierten Tagesrhythmus einher." | |
## Bildungsministerin Schavan will mehr Macht für den Bund | |
Nicht mehrheitsfähig dürfte dagegen der Vorschlag sein, das | |
Kooperationsverbot im Grundgesetz wieder abzuschaffen. Seit der | |
Föderalismusreform von 2006 ist es Bund und Ländern verboten im Bereich | |
Schule direkt zusammenzuarbeiten. So muss das Bildungspaket für Kinder aus | |
Hartz-IV-Familien etwa über die Kommunen abgewickelt werden. Die Einzige, | |
die derzeit dafür wirbt, dass der Bund im Schulbereich wieder mehr zu sagen | |
habe, ist Bundesbildungsministerin Annette Schavan. | |
Doch selbst ihr Vertrauter Roland Wöller meint: "Ich brauche keine | |
Grundgesetzänderung." Es gelte stattdessen die vorhandenen | |
Kooperationsmöglichkeiten, beispielsweise in der frühkindlichen Bildung | |
oder der Lehrerbildung, besser auszuschöpfen. | |
Auch eine Gruppe von Fraktionschefs unter dem thüringischen | |
CDU-Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring wendete sich im Mai in einem | |
Zehn-Punkte-Papier dezidiert dagegen. Für die Schulen seien die Länder | |
zuständig, das müsse weiter gelten, sagte Mohring der taz. "Bildungspolitik | |
gehört zum Markenkern der Länder, den lassen wir uns nicht | |
herausschneiden." | |
Ob die Parteimitglieder dem Vorschlag nach einem verpflichtenden Kitajahr | |
folgen, wagte Wöller ebenfalls nicht zu prognostizieren. "Das wird man | |
sehen. Aber jede strittige Diskussion ist ein Fortschritt." Mache sie doch | |
die Wichtigkeit von Bildungspolitik in der CDU deutlich. | |
8 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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