# taz.de -- Ägypter wird Nachfolger von bin Laden: Al-Qaidas neuer Chef | |
> Er ist ein Weggefährte von Osama bin Laden: Der Ägypter Eiman al-Sawahiri | |
> übernimmt das Terrornetzwerk al-Qaida. In einer Erklärung wird der | |
> Dschihad beschworen. | |
Bild: Al-Sawahiri in einer Videobotschaft 2006. | |
BERLIN taz | Nun ist es offiziell. Gut sechs Wochen nach dem Tod von Osama | |
bin Laden hat al-Qaida einen neuen Chef. "Das Generalkommando von al-Qaida | |
gibt bekannt, dass Scheich Aiman al -Sawahiri nach Beratungen an die Spitze | |
der Organisation berufen wurde", hieß es in der Mitteilung, die auf | |
islamistischen Websites veröffentlicht wurde. Al-Qaida werde "den Dschihad | |
gegen die Abtrünnigen" fortsetzen, allen voran gegen "den Kreuzritter | |
Amerika und seinen Komplizen Israel", hieß es in der Erklärung weiter. Das | |
Terrornetzwerk drängte die islamische Nation, "sie mit allen Mitteln zu | |
bekämpfen, bis zur Vertreibung aller Invasionsarmeen und der Einführung der | |
Scharia". | |
Sawahiri war bereits zuvor als Nachfolger bin Ladens gehandelt worden. Sein | |
Leben stand ganz im Zeichen des Hasses auf den Westen und terroristischer | |
Gewalt - sowie auf die ägyptischen Machthaber. 1951 in Maadi, einem | |
gutbürgerlichen Vorort der Hauptstadt Kairo, geboren, wurde er mit 15 | |
erstmals wegen Mitgliedschaft der verbotenen Muslimbrüder festgenommen. | |
Nach seiner Ausbildung zum Chirurgen blieb er weiter aktiv, inzwischen für | |
die Gruppe Islamischer Dschihad. 1981 wurde er im Zusammenhang mit der | |
Ermordung des damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat zu drei | |
Jahren Haft verurteilt; danach verließ er das Land. Später wurde er in | |
Ägypten in Abwesenheit zum Tode verurteilt. | |
Sein Weg führte über Saudi-Arabien, Sudan und Pakistan schließlich nach | |
Afghanistan. Etwa 1998 schloss er sich bin Laden an. Nebst der ihm | |
zugeschriebenen Rolle bei zahlreichen anderen Attentaten halten einige | |
Beobachter ihn für den eigentlichen organisatorischen Kopf hinter den | |
Anschlägen vom 11. September 2001. | |
## Der Entwicklung hinterhergelaufen | |
Schon in der Zeit vor dem Tod bin Ladens meldete sich Sawahiri in | |
Tonbandbotschaften häufiger zu Wort als sein Chef. Zwischen Januar und | |
April dieses Jahres veröffentlichte er fünf Botschaften, die sich auf die | |
Proteste in der arabischen Welt bezogen. Sawahiri, der jahrzehntelang | |
vergeblich versucht hatte, Ägyptens Präsident Husni Mubarak mit dem Mittel | |
des Terrors zu stürzen, gab zu, dass er der Entwicklung hinterherlaufe, was | |
er auf sein Leben im Untergrund zurückführte. In einer Erklärung vom 30. | |
März hatte al-Qaida die arabischen Revolutionen als einen "großen Sprung | |
nach vorn" bezeichnet, verknüpft mit der Hoffnung, dass die | |
"Mudschaheddin-Brüder" in der Region nach Jahrzehnten des Erstickens wieder | |
eine Chance erhalten, "frei zu atmen". | |
In einer Videobotschaft vom 8. Juni rief Sawahiri die Menschen zum | |
Schulterschluss mit den arabischen Revolutionären auf. "Unseren Brüdern in | |
Ägypten, Libyen, Tunesien und Syrien sagen wir, dass wir den gleichen Kampf | |
führen wie sie - gegen Amerika." Doch die Millionen Menschen, die | |
vorwiegend friedlich gegen die jeweiligen Machthaber auf die Straße gezogen | |
sind, werden nachträglichen Versuchen von al-Qaida, wie etwa im englischen | |
Internetmagazin Inspire, die Geschichte in ihrem Sinne zurechtzurücken, | |
keinen Glauben schenken. | |
Sawahiri stammt im Gegensatz zu bin Laden nicht von der Arabischen | |
Halbinsel. Daher wurde nach dessen Tod spekuliert, dass eine Nachfolge | |
durch Sawahiri auf Vorbehalte in den Reihen der "al-Qaida auf der | |
Arabischen Halbinsel" stoßen könnte, die lieber einen der ihren an der | |
Spitze sähe. Und der Jemen gilt als das neue Rückzugsgebiet der | |
Terrororganisation. Am Mittwoch dieser Woche brachten militante Islamisten, | |
unter denen vermutlich auch Mitglieder von al-Qaida waren, dort Teile der | |
Hafenstadt Huta unter ihre Kontrolle. Schon Ende März hatte al-Qaida die | |
jemenitische Provinz Abyan großspurig zum "Islamischen Emirat" erklärt. | |
16 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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