# taz.de -- Sauberer Strom in Mittelamerika: Klimaneutralität auf der Kippe | |
> Costa Rica will als erstes Land den gesamten Energiebedarf aus | |
> regenerativen Quellen decken. Das ehrgeizige Ziel droht zu scheitern. | |
Bild: "So kurz vor dem Ziel": Laura Chinchilla, die Präsidentin Costa Ricas, b… | |
Spätestens ab 2014 droht in Costa Rica die Energie knapp zu werden. Damit | |
steht der Ruf des zentralamerikanischen Landes als klimafreundlicher | |
Vorreiter der Region auf dem Spiel. Im Juni 2007 hatte der damalige | |
Präsident Oscar Arias Sánchez das Ziel ausgegeben, Costa Rica solle bis | |
2021 als erstes Land der Welt klimaneutral wirtschaften. Der gesamte | |
Strombedarf soll bis dahin aus regenerativen Energiequellen wie Wasser, | |
Wind, Erdwärme und Co. gewonnen werden. | |
Doch mehrere Rückschläge bedrohen derzeit das ehrgeizige Vorhaben. Gleich | |
bei zwei Großprojekten musste das nationale Elektrizitätsinstitut (ICE) | |
mittlerweile Verzögerungen einräumen. Wasserkraftwerk Reventazón dürfte | |
sich um zwei Jahre verspäten. | |
Noch schlechter sieht es beim mit 630 Megawatt gut doppelt so großen | |
Projekt El Diquís aus. "Der geplante Stausee liegt zu etwa zehn Prozent im | |
Territorium des indigenen Volkes der Térraba. Die wollen das Projekt | |
nicht", erklärt der Direktor der Vereinigung der costa-ricanischen | |
Energieproduzenten (Acope), Mario Alvarado Mora. | |
Inzwischen hat Präsidentin Laura Chinchilla das Problem zur Chefsache | |
gemacht. Das ICE als staatlicher Energieversorger und die zuständigen | |
Ministerien müssten unbedingt gegensteuern, um die drohenden | |
Energieengpässe zu verhindern. Noch in diesem Monat sollen sie | |
entsprechende Konzepte vorlegen. Laut Acope klettert der Energiebedarf des | |
Landes um jährlich sechs Prozent. Die Pläne des ICE reichten gerade so aus, | |
um den Bedarf zu decken - sofern es zu keinen Rückschlägen wie bei | |
Reventazón oder El Diquís kommt. | |
## Kleinprojekte könnten Lücke schließen | |
Salomón Lechtman von privatem Projektentwickler EcoEnergía ist | |
zuversichtlich, dass die energiepolitische Wende in Costa Rica ohne | |
Stromausfälle zu schaffen ist. Das Unternehmen betreibt einen Windpark am | |
Arenalsee und will die Anlage erweitern. Das bringt zwar nur neun Megawatt, | |
aber das Potenzial solcher Kleinprojekte liege bei einigen hundert | |
Megawatt, schätzt Lechtmann: "Die könnten die ab 2014 entstehende Lücke | |
schließen, wenn die Politik die Weichen stellt." | |
Grundsätzliche Entscheidungen über die Entwicklung des Marktes sowie einen | |
Kilowattpreis von mindestens zehn US-Cent fordert auch Alvarado Mora. | |
Private Projektentwickler, zu denen unter anderem die deutsche Juwi gehört, | |
könnten davon profitieren. Das Unternehmen aus Wörrstadt unterhält seit | |
rund drei Jahren eine Dependance in der Landeshauptstadt San José, um von | |
dort aus den Markt in Mittelamerika und der Karibik zu entwickeln. Derzeit | |
baut Juwi den Windpark Valle Central nahe der Hauptstadt San José. | |
Bisher ist Costa Rica mit derzeit fünf Windparks regionaler Vorreiter. Im | |
kommenden Jahr sollen die 17 Windräder mit jeweils 900 Kilowatt Leistung in | |
Valle Central ans Netz gehen. Schnellere Entscheidungsstrukturen würde sich | |
aber auch Juwi-Mitarbeiter Tobias Cossen wünschen, der derzeit ein weiteres | |
Windenergieprojekt in Costa Rica vorbereitet. Dann könnte das ehrgeizige | |
Ziel, bis 2021 klimaneutral zu wirtschaften, auch noch erreicht werden. | |
27 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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