# taz.de -- Übernahmegerüchte auf dem Energiemarkt: Geldsorgen bei RWE | |
> Der Essener Energiekonzern RWE braucht dringend neues Kapital. Jetzt wird | |
> über einen Einstieg des russischen Gaskonzerns Gazprom spekuliert. Das | |
> Kartellamt ist skeptisch. | |
Bild: Hat sich Sorgen zu machen: RWE-Chef Jürgen Großmann. | |
FREIBURG taz | Der Essener Energiekonzern RWE will nach Medienberichten | |
Teile an den russischen Gasriesen Gazprom verkaufen. RWE bestätigte gestern | |
immerhin, dass sich Konzernchef Jürgen Großmann am vergangenen Freitag mit | |
Gazprom-Chef Alexej Miller traf. | |
Allerdings war zum Inhalt der Gespräche von RWE nur so viel zu erfahren, | |
dass man in Verhandlungen stehe, um bessere Gasverträge mit den Russen | |
abzuschließen. Denn die Kopplung der bestehenden Erdgaslieferverträge an | |
den Ölpreis erweist sich derzeit für RWE als sehr ungünstig, weil der | |
Ölpreis in den letzten Jahren stark gestiegen ist und wohl auch weiter | |
steigen wird. | |
Was Großmann über die Gasverträge hinaus mit Miller besprach, darüber | |
schweigt RWE: "Kein Kommentar." Doch es gibt Spekulationen: Wie das Magazin | |
Spiegel diese Woche berichtet, sei es am Freitag auch darum gegangen, die | |
Möglichkeiten einer kapitalmäßigen Verknüpfung der beiden Unternehmen | |
auszuloten. Möglicherweise, so heißt es, plane der russische Konzern, | |
Anteile von RWE oder von Konzerntöchtern zu übernehmen. | |
## Schwierigkeiten auf der Suche nach neuen Aktionären | |
Allerdings ist unklar, ob das Kartellamt einen solchen Einstieg zulassen | |
könnte. "Eine Verbindung zwischen Gazprom und RWE müsste man sich unter | |
kartellrechtlichen Gesichtspunkten sehr genau ansehen", so | |
Kartellamtspräsident Andreas Mundt. | |
Die verzweifelte Suche von RWE nach neuen Anteilseignern zeigt die | |
Hilflosigkeit eines orientierungslosen Konzerns, den einige Marktbeobachter | |
bereits als Übernahmekandidaten sehen. Denn der Aktienkurs des | |
Unternehmens, der Anfang 2008 noch bei fast 100 Euro lag, ist auf zuletzt | |
rund 37 Euro gefallen. | |
Der Atomausstieg in Deutschland nach Fukushima ist dabei nicht der einzige | |
Faktor, denn auch schon zum Zeitpunkt der japanischen Atomkatastrophe war | |
die Aktie unter 50 Euro gefallen. Nach dem derzeitigen Aktienkurs ist das | |
Unternehmen nur noch rund 20 Milliarden Euro wert; den Konzern drücken | |
Schulden in Höhe von mehr als 27 Milliarden Euro. | |
## Geplanter Verkauf von Firmenteilen | |
Dass Großmann Geld auftreiben muss, ist offenkundig. Deshalb wurde in den | |
letzten Tagen auch über eine Kapitalerhöhung spekuliert. Erschwert wird | |
diese dadurch, dass einige kommunale Anteilseigner selbst in | |
Schwierigkeiten stecken. Gleichzeitig sucht der Konzern offenbar nach einem | |
starken Partner. Vor Monaten schon hatte RWE mit dem spanischen | |
Energiekonzern Iberdrola über eine Fusion gesprochen, die letztlich aber | |
nicht zustande kam. | |
Der Verkauf von Firmenteilen steht unabhängig von Gazprom im Raum. Die | |
Netztochter Amprion, die in der Regelzone der RWE 11.000 Kilometer | |
Hochspannungsnetze betreibt, soll zumindest in Teilen verkauft werden, wie | |
RWE bestätigt. Auch prüft der Konzern offenbar die Veräußerung der | |
britischen Tochter Npower sowie seinen 24,95-Prozent-Anteil an den Berliner | |
Wasserbetrieben. Bis zu 8 Milliarden Euro will RWE in den kommenden drei | |
Jahren durch Beteiligungsverkäufe einnehmen. | |
12 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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