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# taz.de -- Ein Blitz traf Nordkoreas Frauen-Team: Fünf auf einen Schlag
> Die Erklärung von Nordkoreas Trainer Kim, seine Spielerinnen seien von
> einem Blitz geschwächt worden, ist kurios. Kann sie wahr sein?
Bild: Überirdische Erklärungen liefert Nordkoreas Trainer Kim Kwang-min
DRESDEN/BERLIN taz | Die Erklärung des Herrn Kim kam wie ein Blitz aus
heiterem Himmel. Das Team Nordkoreas habe wegen eines ungewöhnlichen
Unfalls am 8. Juni in der Hauptstadt Pjöngjang nicht die gewohnte Leistung
gegen die USA abrufen können, sagte er kryptisch. Es habe „körperliche
Änderungen“ bei den Spielerinnen gegeben. Hm?
Das WM-Spiel ging am Dienstagabend jedenfalls mit 0:2 verloren, und die
sonst so wieselflinken und ausdauerstarken Asiatinnen aus dem Reich des Kim
Jong Il wirkten merkwürdig ausgepumpt in der zweiten Halbzeit. Team USA
hatte relativ leichtes Spiel.
Coach Kim sagte den einigermaßen verblüfften Presseleuten, dass die Torfrau
und auch Offensivspielerinnen Opfer eines Blitzeinschlags auf dem
Fußballplatz geworden seien. Es habe sich um fünf verletzte Spielerinnen
gehandelt. Die Informationen mussten Herrn Kim zwar mühsam aus der Nase
gezogen werden, aber nach viermaligem Nachfragen verriet er: „Sie haben
einen elektrischen Schock erlitten, sie mussten ins Krankenhaus. Die Ärzte
waren eigentlich der Meinung, dass sie nicht am Turnier teilnehmen können“,
führte Kim Kwang Min aus.
Mit „großen Willen“ und einem „starken Geist“ hätten es die elektrisc…
Fünf aber trotzdem nach Deutschland geschafft. „Es war mehr, als man von
einem normalen Menschen erwarten kann.“
Das war die wohl ungewöhnlichste Erklärung, die man jemals von einem
Fußballtrainer gehört hatte. Übertrainiert, krank, lustlos oder überfordert
– das sind die gängigen Erklärungsmuster, aber ein Blitz? Kann man das
ernst nehmen? Andererseits: Warum sollte uns Herr Kim derart hanebüchenen
Unsinn erzählen?
Blitzunfälle sind selten, aber sie kommen vor, auch auf dem Fußballplatz.
„Fünf bis zehn Tote gibt es hierzulande jedes Jahr durch Blitzschlag“, sagt
Lothar Machner vom Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung (ABB) des
Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. In den
letzten fünfzig Jahren wurden 741 Menschen in Deutschland vom Blitz
getötet. Kicker gehören durchaus zur Risikogruppe.
## Blitzforscher können nur spekulieren
Der Wiener Blitzforscher Gerhard Diendorfer kann natürlich nur darüber
spekulieren, was in Pjöngjang möglicherweise vorgefallen sein könnte, aber
wenn ein Blitz, dessen Stärke zwischen 2.000 und 250.000 Ampere schwankt,
in der Nähe einschlägt, kann es zu einer „Druckwelle und
Muskelverspannungen“ kommen, in schlimmeren Fällen zu Nerven- und
Muskelschädigungen, Verbrennungen, Traumata oder Trommelfellverletzungen.
„Es gibt die kuriosesten Effekte“, sagt Diendorfer: In Österreich hätte
einmal ein Ehepaar ein Fest verlassen, sei Hand in Hand gegangen, als ein
Blitz den Mann traf. Der war sofort tot, die Frau aber blieb unverletzt.
Schlage ein starker Blitz ein, „sind im Umfeld von 30 Metern alle tot“,
glaubt der Forscher. Die Unfälle passierten in der Regel am Anfang und am
Ende eines Gewitters. „Oft wird die Distanz unterschätzt.“
Wenn man sich sicher schützen will, sei es am sichersten, nicht unter Bäume
zu flüchten und die 30/30-Regel zu beachten: Wenn zwischen Donner und Blitz
nur noch 30 Sekunden verstreichen, solle man ins Haus gehen und dieses erst
30 Minuten nach dem Gewitter wieder verlassen. Er beklagt, dass es
insgesamt zu wenig „solide Daten“ zum Blitz gebe. Das ist so ähnlich wie
bei den Nordkoreanern. Da muss man sich auch auf die Aussage des Herrn Kim
verlassen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) kann auf die Schnelle leider
auch nicht weiterhelfen. Gerhard Müller-Westermeier, der im DWD in der
„Klimaabteilung“ sitzt, verweist auf eine Anfrage beim Wetter-Datenservice,
die aber etliche Tage dauern könne.
So bleibt unklar, ob es die himmlische Hochfrequenzattacke auf die
nordkoreanischen Spielerinnen wirklich gegeben hat. Den US-Girls dürfte es
egal sein. Sie haben „Selbstvertrauen aus diesem Spiel gezogen“, sagte
Coach Pia Sundhage, „der Weg bis zur WM war steinig, aber jetzt sind wird
bereit fürs Turnier.“ Die Wandlung vom WM-Wackelkandidaten zum Mitfavoriten
vollzog sich quasi – blitzartig.
29 Jun 2011
## AUTOREN
Markus Völker
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