# taz.de -- Datenleak bei Bundespolizei: Hackergruppe entert Zollrechner | |
> Weil die Bundespolizei ihre Computer zu nachlässig wartet, gelang der | |
> No-Name-Crew ein Zugriff auf vertrauliche Zolldaten. Die Hacker | |
> protestieren damit gegen Überwachung. | |
Bild: Zeitgenössischer Zoll: Das Wappen auf dem Ärmel, die Hacker im Computer. | |
Die deutsche Hackergruppe No-Name-Crew ist in einen [1][Server der | |
Bundespolizei] eingedrungen. Von einem Rechner des Zolls wurden brisante | |
Daten erbeutet. Auf ihrer Website haben die Hacker zahlreiche [2][Daten zum | |
Download] publiziert. Die Aktion soll ein Protest gegen die zunehmende | |
"dauerhafte Überwachung" sein. | |
Die Erklärung auf der Website ist in etwas wirrem Polit-Chinesisch gehalten | |
und ähnelt einer Verlautbarung der frühen RAF. Die Gruppe droht, "jede | |
Lücke" werde "ab jetzt schamlos ausgenutzt." Was ihnen an Daten in die | |
Hände fiele, werde "geleakt", also im Internet publiziert, "um den Feinden | |
der Freiheit den größtmöglichen Imageschaden zuzufügen". | |
Die Regierung und "große Firmen" hätten nichts anderes im Sinn, als ihre | |
Bürger zu bestehlen, belügen und ausspionieren. Die Hacker verlautbaren: | |
"Jedoch haben wir alle etwas zu verbergen, wir sind weder Terroristen, noch | |
geht es unseren Staat etwas an, wie wir leben. Wir wollen nicht, dass | |
Deutschland zu einem totalitären Staat mutiert. | |
Die veröffentlichten Dateien liegen physikalisch auf einem Rechner auf den | |
Seychellen, die Kennung gehört einer russischen Firma, die [3][Domain zu | |
den Kokosinseln] im Indischen Ozean. Die "NN-Crew" hat also alles getan, um | |
virtuell nicht auffindbar zu sein. Die Daten enthalten GPS-Daten und Karten | |
von verdächtigen Fahrzeugen, Dokumente und Verschlüsselungsalgorithmen, | |
Nutzerkennworte, Tracking-Software, sogar Briefe der Firma [4][microtec | |
Sicherheitstechnik GmbH] aus Hünstetten bei Wiesbaden, die der | |
Bundespolizei Software verkauft und technische Hilfe bei der Verwaltung der | |
Server anbietet. Offenbar war der Angriff möglich, weil auf einem Server | |
des Zolls fahrlässig Nutzerdaten und Passworte im Klartext in einer | |
[5][//secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/MySQL:MySQL-Datenbank] | |
gespeichert worden waren. | |
Eine Sprecherin der Bundespolizei bestätigte auf Anfrage der taz den | |
"Cyber-Angriff". Der betreffende Server sei sofort abgeschaltet und die | |
Nutzer gewarnt worden. Man überprüfe im Moment, ob "kritische | |
Informationsinhalte" gestohlen oder verändert worden sein. In Kürze werde | |
der Angriff in Kooperation mit dem neuen | |
[6][//secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Nationales_Cyber-Abwehrzentrum | |
:Nationalen Cyber-Abwehrzentrum] beim Bundesamt für Sicherheit in der | |
Informationstechnik analysiert und bei der Bundespolizei evaluiert. | |
Die Hacker-Gruppe No-Name-Crew hatte vor kurzem auf sich aufmerksam | |
gemacht, als sie in einen Server des Spieleherstellers Ubisoft eingedrungen | |
war. Mehr als 1000 Accountdaten verschiedener Händler und Firmen wie | |
Media-Saturn oder Nintendo wurden erbeutet sowie E-Mail-Adressen, | |
Telefonnummern und Realnamen der Nutzer. Die Angriffsmethoden der Hacker | |
über das Internet sind zwar professionell, wären aber bei besserer Wartung | |
der angegriffenen Computer vermeidbar gewesen. Die [7][Sicherheitslücken] | |
der Datenbanken, die die "NN-Crew" ausnutzte, sind unter IT-Fachleuten | |
bekannt. | |
In einschlägigen Chatforen kursieren jedoch schon die ersten | |
Verschwörungstheorien. Der Hacker-Gruppe wird von anderen vorgeworfen, man | |
schmücke sich mit "fremden Federn", in Wahrheit habe man "nur Daten eines | |
Mitarbeiters von einem Dritten bekommen". Einer der "Cyber-Kiddies" | |
brüstete sich damit, man habe noch gar nicht alle Daten publiziert. Der | |
Anführer der No-Name-Crew nennt sich Darkhammer und behauptet, der Hack des | |
Bundespolizei-Rechners sei mehr zufällig passiert: "Ich hab nur kurz eine | |
[8][//www.infosecisland.com/blogview/9975-Two-New-HTTP-POST-Attack-Tools-Re | |
leased.html:slowpostattacke] gefahren, weil ich (wirklich) nur gucken | |
wollte ob der server anfällig ist". | |
Dieser Angriff auf einen Rechner im Internet ähnelt der | |
Denial-of-Service-Methode, mit der ein Computer so lange mit sinnlosen | |
Anfragen überflutet wird, bis er streikt. Zur Zeit scheinen einige Gruppen | |
miteinander um öffentliche Aufmerksamkeit zu buhlen - als Trittbrettfahrer | |
der bekannteren "Anonymous"-Hacker. Dazu passt auch das pathetische Motto: | |
"Wir sind die No-Name Crew, Wer wünscht, dass man ihn fürchte, erreicht, | |
dass man ihn hasst. Das Bestreben, dem, den wir hassen, Übles zuzufügen, | |
heißt Zorn." Wie viele Mitglieder die Gruppe hat, ist kaum festzustellen. | |
Der Leitspruch jedoch ist schon einmal aufgetaucht - als im Mai eine | |
Website der NPD gehackt wurde. Auch damals war "Darkhammer" beteiligt. | |
8 Jul 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bundespolizei.de | |
[2] http://dl.nn-crew.cc/index.php?dir=2-NN-Crew+-+Leaks%2FBundespolizei%2F | |
[3] http://network-tools.com/default.asp?prog=express&host=dl.nn-crew.cc | |
[4] http://www.handelsregister1.com/Microtec-Sicherheitstechnik-GmbH.html | |
[5] http://https | |
[6] http://https | |
[7] http://nakedsecurity.sophos.com/2011/03/27/mysql-com-and-sun-hacked-through… | |
[8] http://https | |
## AUTOREN | |
Burkhard Schröder | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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