# taz.de -- Probleme bei Google+: Verlust der digitalen Präsenz | |
> Google+-User befürchten, dass wegen eines Verstoßes gegen die | |
> Nutzungsbedingungen ihr gesamter Google-Account samt Daten flöten geht. | |
> Die Konsequenz: Kündigung. | |
Bild: Dürfen Hunde eigentlich ein eigenes Profil haben? Strenge Nutzungsbeding… | |
BERLIN taz | Zum Beispiel Dylan M. Dylan M. bekam letzte Woche sehr viel | |
Aufmerksamkeit für seine Geschichte. Er war Google-Anhänger, ganz wörtlich. | |
Er war kein Fan, sondern seine gesamte digitale Existenz hing an Google. | |
Seine Fotos: bei Picasa. Seine Bibliothek an Artikeln: im Google Reader. | |
Seine Videos: bei Youtube. Seine Mails, seine Arbeitsdokumente, sein | |
Kalender: Google, Google, Google. Und dann kam er nicht mehr in seinen | |
[1][Account]. Warum, wußte er nicht. Alles war weg. | |
Er schrieb eine Art Grabrede an seine digitale Existenz, die sehr viel | |
Aufmerksamkeit auf sich zog. Er verabschiedete sich von Google, nicht im | |
Guten. Fast eine Woche wartete er auf Antwort. Dann rief Vic Gundotra an, | |
Senior Vice President von Google, und versprach, den Fall aufzuklären. | |
Einen Tag danach waren Dylan M.s Daten wieder online. | |
Drei Jahre zuvor hatte er an einem Vortrag "The Evolution of Sex" | |
mitgearbeitet und einige historische Fotografien, die er zur | |
Veranschaulichung verwendete, in seinem Fotoalbum hochgeladen: eine | |
altertümliche Urmutterdarstellung, eine bebilderte Kontaktanzeige, ein | |
Hentai-Coverbild, ein älterer Mann, der ein Kind auf die Wange küsst – und | |
ein expliziteres Bild eines Fotografen, der sich rühmt, legale Grauzone | |
auszuloten. Das letzte Bild qualifizierte Googles automatisches | |
Scanning-System als [2][kinderpornographisch], und damit wurde Dylan M.s | |
Account vom Netz genommen. Erst auf Gundotras Intervention hin wurde er | |
wieder hergestellt. | |
Immer mehr Nutzer beklagen die Undurchsichtigkeit, mit der Google in ihr | |
digitales Leben eingreift. In der letzten Woche sperrte Google einige | |
G+-Accounts, weil sie nicht unter Klarnamen firmierten: Christian Heller | |
alias plomlompom hatte daraufhin aufgerufen, sich | |
[3][//plus.google.com/112716356719620674952/posts/BzqkXVPSLST:umzubenennen] | |
– und wurde prompt gesperrt. Google selbst äußerte sich spät zur Sperrung | |
von Nicknamen-Accounts, und nur in dem Sinne, das man selbst noch nicht | |
ganz sicher sei wie man damit umgehen werde. Ein Mythos jedenfalls sei es, | |
schreibt | |
[4][//plus.google.com/113116318008017777871/posts/VJoZMS8zVqU:Bradley | |
Horowitz], dass deswegen ganze Google-Accounts vom Netz genommen würden. | |
## "Google hält sich an Recht und Gesetz" | |
"Wir haben überhaupt kein Interesse daran, Nutzer aus unseren Diensten | |
auszusperren", sagt Stefan Keuchel, Pressesprecher von Google Deutschland. | |
"Dass Google-Accounts gesperrt werden, ist die absolute Ausnahme." Es gebe | |
dafür auch nicht sehr viele Beispiele – im Fall von Dylan M. sei es das als | |
kinderpornographisch eingestufte Bild, das diesen Schritt nötig gemacht | |
hätte. "Wir sind eine Firma, die sich an Recht und Gesetz hält – und in dem | |
Fall blieb uns keine andere Wahl." | |
"Der Fehler liegt im System", sagt Sven Dietrich, der als einer der ersten | |
Google+ [5][den Rücken kehrt]. "Google hat 28.000 Mitarbeiter, seine | |
Produkte werden monatlich von einer Milliarde Menschen genutzt. Klar gibt’s | |
da keinen adäquten Support. Soll denn ganz Indien Anfragen von Google-Usern | |
beantworten? Woher soll ich wissen, dass ich nicht der nächste bin, dem man | |
den Account sperrt? Wegen irgendeines Verstoßes gegen die | |
Nutzungsbedingungen?" Er habe auch andere Google-Accounts, bei Adwords und | |
Adsense zum Beispiel, die aus nicht erläuterten Gründen gesperrt sind: auf | |
Anfragen bekam er keine Rückmeldung. "Wenn mir das mit meinem kompletten | |
Google-Profil passiert, ist das Scheiße. Dann komm ich nicht an meine Mails | |
ran, oder an meine Termine. Das geht nicht. Ich muss mit den Diensten auch | |
arbeiten können." | |
Stefan Keuchel hingegen betont, dass Googles Nutzungsbedingungen klar und | |
verständlich seien. Wer mit diesen Bedingungen nicht einverstanden sei, | |
hätte die Wahl, den Dienst nicht zu nutzen. "Aber das ist nur eine Hälfte | |
der Wahrheit", sagt er: Natürlich achte man darauf, was die Nutzer | |
monierten. Und auch in der Klarnamenfrage arbeite man an einer | |
nachvollziehbaren, begründeten Antwort. Inzwischen versende man auch Mails, | |
um von der Sperrung Bedrohte zu warnen – das sei eine erste Reaktion auf | |
die Diskussion. | |
Sven Dietrich aber ist das nicht genug: "Google hat einen zu hohen | |
Anspruch. Wenn mich ein Fehltritt, und sei es nur versehentlich, meine | |
digitale Präsenz kostet, ist mir der Preis zu hoch." Stattdessen hat er | |
sich bei Google+ jetzt ein paar Zweitaccounts zugelegt. | |
28 Jul 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.twitlonger.com/show/bsdnia | |
[2] http://www.twitlonger.com/show/bvqdos | |
[3] http://https | |
[4] http://https | |
[5] http://www.pop64.de/blog/2011/07/25/meine-google-kundigung/ | |
## AUTOREN | |
Frédéric Valin | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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