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# taz.de -- EU-Kommission widerspricht Deutschland: Sprachtests nach EU-Recht f…
> Die EU-Kommission hält Sprach- und Integrationstests, die den Nachzug von
> Ehegatten einschränken, für unzulässig. Auch die Rechtslage in
> Deutschland ist davon betroffen.
Bild: Vom ABC-Schützen zum Staatsbürger, die EU hat Zweifel am deutschen Verf…
BERLIN taz | Derzeit wird von ausländischen Ehegatten ein erfolgreicher
Sprachtest verlangt, bevor sie sich in Deutschland dauerhaft niederlassen
können. Doch solche Tests verstoßen nach Ansicht der EU-Kommission gegen
Europarecht. Die Bundesregierung will das allerdings nicht hören.
Seit August 2007 bekommen nachziehende Ehegatten in Deutschland nur noch
dann eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie sich "zumindest auf einfache Art
in deutscher Sprache verständigen" können. Betroffen sind von der Regelung
vor allem Türken, Russen und Kosovaren. Für EU-Staatsangehörige,
US-Amerikaner und Bürger aus vielen anderen Industriestaaten gilt die
Deutschpflicht nicht.
Nach Einführung der neuen Regelung ging die Zahl der türkischen
Familienzusammenführungen erst einmal auf ein Drittel zurück. Inzwischen
sind die Zahlen zwar wieder gestiegen, aber nicht auf den alten Wert von
über 2.000 Visa pro Quartal. Bei den Sprachtests fällt im Schnitt ein
Drittel der Prüflinge durch.
In einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat die
EU-Kommission im Mai vertreten, dass verbindliche Tests gegen die
EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung verstoßen. Danach kann ein
EU-Staat nachziehende Ehegatten zwar zu "Integrationsmaßnahmen"
verpflichten. Dabei gehe es aber um "positive Maßnahmen", die Integration
erleichtern sollen, "nicht um ein Ausschlusskriterium oder eine
Einreisebedingung".
## "Basis-Eingliederungs-Prüfung" nicht bestanden
Ausgelöst hatte das Verfahren eine afghanische Frau, die in die Niederlande
einreisen wollte. Ihr Ehemann und die gemeinsamen acht Kinder lebten schon
dort. Allerdings sah sich die Frau außer Stande, vorab die erforderliche
"Basis-Eingliederungs-Prüfung" zu absolvieren. Sie hätte an einer Botschaft
ihre Grundkenntnisse der niederländischen Sprache und Gesellschaft
nachweisen müssen. Der EuGH verzichtete im Juni auf ein Urteil, weil die
Frau letztlich doch zu ihrer Familie ziehen durfte.
Der grüne Abgeordnete Memet Kilic wollte nun von der Bundesregierung
wissen, welche Schlüsse sie aus der Rechtsansicht der Kommission zieht. Die
Antwort des Innenministeriums ist einfach: "Keine". Die Stellungnahme habe
schließlich die niederländische Rechtslage betroffen. Und für die deutsche
Pflicht zum Sprachtest habe das Bundesverwaltungsgericht im März 2010
festgestellt, dass sie nicht gegen EU-Recht verstößt.
So einfach ist es freilich nicht. Die Ausführungen der Kommission können
ohne weiteres auch als Ablehnung der deutschen Rechtslage verstanden
werden. Und das Bundesverwaltungsgericht hat 2010 nur deshalb darauf
verzichtet, den Fall beim EuGH zur Entscheidung vorzulegen, weil die
Kommission damals verbindliche Sprachtests noch für zulässig hielt.
Insofern ist mit dem Meinungswandel der EU-Komission wohl auch die
Geschäftsgrundlage des Leipziger Urteils entfallen.
Memet Kilic ist jedenfalls empört über die Ignoranz der Bundesregierung:
"Abschottung ist ihr offensichtlich wichtiger als die Menschenrechte."
7 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Rath
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