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# taz.de -- Zwangssprachkurse an Niedersachsens Schulen: Sarrazin macht Schule
> Niedersachsen will Sprachkurse für Vorschulkinder mit Nachholbedarf als
> zur Schulpflicht gehörig deklarieren. Damit droht renitenten Eltern in
> Zukunft ein Bußgeld. Grüne sprechen von "billigem Populismus".
Bild: Eltern aufgepasst: Niedersachsen sagt Integrationsverweigerern den Kampf …
HANNOVER taz | Über die Einführung von Bußgeldern für Eltern, die ihre
Vorschulkinder nicht zu Sprachkursen schicken, stimmt der niedersächsische
Landtag heute ab. Sie sind neben der Einführung der so genannten
Oberschulen Teil des "Gesetzes zur Neuordnung der Schulstruktur in
Niedersachsen".
Nach dem Gesetzentwurf der schwarz-gelben Regierungsfraktionen soll die
Teilnahme an Sprachfördermaßnahmen ab dem kommenden Schuljahr Teil der
Schulpflicht werden. Die Nicht-Teilnahme kann entsprechend als
Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Bereits im Oktober hatte Ministerpräsident David McAllister (CDU)
Sanktionen für "Sprachkursverweigerer" gefordert - ganz im Sinne von Thilo
Sarrazin, der in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" härtere
Sanktionen gegen "Integrationsverweigerer" verlangt hatte.
Man wolle mit der Einführung eines Bußgeldes "den Stellenwert der
Sprachförderung bewusster machen", sagt der bildungspolitische Sprecher der
CDU-Landtagsfraktion, Karl-Ludwig von Danwitz. Ähnlich wie bei den
verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen für Kleinkinder wolle man Eltern und
Kinder "zu ihrem Glück zwingen".
Aus der Opposition hagelte es Kritik: Von "billigem Populismus" spricht die
Grünen-Schulpolitikerin Ina Korter. Für sie zeugt die geplante
Gesetzesänderung vom Streben, "sich in die bundespolitische Profilierung
als Hardliner gegenüber Migranten einzuordnen".
Auch im Bund plant Schwarz-Gelb Sanktionen gegen vermeintliche
Integrationsverweigerer. Der Aufenthaltsstatus soll künftig an das Bestehen
des Integrationskurses samt Deutschtest gekoppelt werden.
Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Frauke Heiligenstadt,
fordert, das Thema Sprachförderung bei Schulkindern differenzierter zu
betrachten "statt die Keule zu schwingen". Auch Migranten-Verbände äußern
sich kritisch. "Wenn Eltern ihre Kinder nicht zu Sprachkursen schicken, hat
das meist mit mangelndem Bewusstsein zu tun", sagt Banafsheh Nourkhiz,
zuständig für Elternarbeit bei der Arbeitsgemeinschaft MigrantInnen und
Flüchtlinge in Niedersachsen (AMFN). "Über Strafen lässt sich da aber
nichts erreichen", stattdessen brauche es Überzeugungsarbeit.
Bei 11.322 Vorschulkindern waren im Schuljahr 2009 / 2010 bei Sprachtests
mangelnde Deutschkenntnisse festgestellt worden, teilte das
Kultusministerium im November auf Anfrage der Grünen mit. 254 - also 2,2
Prozent - dieser Kinder nahmen gar nicht an Sprachfördermaßnahmen teil, 714
Kinder besuchten die Kurse unregelmäßig.
"Die Debatte um Sprachkursverweigerer", sagt Grünen-Politikerin Korter,
"impliziert Absicht bei den Eltern." Sie gehe aber davon aus, dass die
meisten der Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kurse schickten, schlicht
nicht wüssten, dass die Kurse verpflichtend sind.
Denn Pflicht ist die Teilnahme an Sprachfördermaßnahmen schon nach dem
jetzigen niedersächsischen Schulgesetz. In einem eigenen Paragrafen ist die
Sprachförderung von Schulkindern dort geregelt. Schon 2002 hatte die
damalige SPD-Kultusministerin Renate Jürgens-Pieper - heute
Bildungssenatorin in Bremen - ein Sprachfeststellungsverfahren für Kinder
im letzten Jahr vor der Einschulung sowie Kurse bei schlechtem Abschneiden
eingeführt. Sanktionen bei Nicht-Teilnahme sah das Gesetz bisher allerdings
nicht vor.
Für eine Sprachkurs-Pflicht sei man nach wie vor, sagt die
SPD-Schulpolitikerin Heiligenstadt. "Denn mit der Pflicht ist zugleich auch
der Anspruch der Kinder auf Förderung formuliert." Und um dem
flächendeckend gerecht zu werden, fordert sie mehr Ressourcen. Die
Sprachförderung solle künftig von den ErzieherInnen in den vertrauten
Kita-Gruppen erteilt werden - statt wie bisher separat von
GrundschullehrerInnen.
Ein Punkt, über den auch aus Sicht des CDU-Mannes von Danwitz "diskutiert
werden könnte". Er kündigt eine Evaluation der bisherigen Fördermaßnahmen
an, denn "stellenweise" sehe auch er "organisatorische Schwierigkeiten".
14 Mar 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
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