# taz.de -- Die Schule beginnt: Eltern wählen Inklusion | |
> Jede zweite Schule nimmt Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf. | |
> Wegen Raumnot lernen 660 Kinder in Containern. An manchen Schulen fehlen | |
> sogar diese. | |
Bild: Am Donnerstag gehts los: Für einige Hamburger Schüler ist das erste Kla… | |
Die Schulbehörde hat alles Griff, auch im Jahr zwei nach dem verlorenen | |
Volksentscheid. Diesen Eindruck jedenfalls versuchte SPD-Schulsenator Ties | |
Rabe zum Ende der Sommerferien zu vermitteln und wartete mit Positivem auf: | |
Hamburg ist das einzige Bundesland mit steigenden Schülerzahlen. 2.500 | |
Kinder mehr werden die Schulen besuchen. Es gibt mehr Erstklässler als | |
Kinder in Hamburg geboren werden - weil Familien zuziehen. | |
Die alten Kämpfe um die Schulstruktur seien beendet, sagte Rabe, er wolle | |
sich auf das "Wesentliche und Machbare" konzentrieren. Es gebe viele | |
"kleine und größere Veränderungen", die die Chancen der Kinder verbessern | |
sollen. | |
Zum Beispiel für behinderte Kinder. Viele Eltern machen inzwischen von dem | |
im Paragraf 12 des Schulgesetzes verankerten Recht Gebrauch, ihr | |
lernbeeinträchtigtes Kind auf eine Regelschule zu schicken. Wurden vor | |
einem Jahr noch 746 dieser Kinder für die 1. und 5. Klassen angemeldet, | |
sind es in diesem schon 1.139. | |
Die Zahl der Sonderschüler geht in diesem Jahr um 450 auf 5.489 zurück. An | |
135 Grundschulen, 52 Stadtteilschulen und 17 Gymnasien werden Kinder | |
integrativ beschult, das ist jede zweite der rund 400 Schulen. | |
"Wir finden dies richtig und gut", sagte Rabe, der mit Hilfe des | |
Bildungspakets für Hartz-IV-Kinder 108 zusätzliche Sozialpädagogen- und | |
Erzieherstellen schaffte, die die Betreuung dieser Kinder verstärken | |
sollen. Diese Maßnahmen kritisiert die Opposition, sie spricht unter | |
anderem von einer Zweckentfremdung der Gelder. Auch fehlten die nötigen, | |
spezialisierten Sonderpädagogen, so die Opposition. | |
Rabe verspricht jedoch, dass jedes Kind die nötige Unterstützung erfahre | |
und der nun erreichte Personalschlüssel "nach wissenschaftlichen | |
Erkenntnissen eine gute Grundlage" für gelingende Inklusion sei. | |
Allerdings gebe es nun bei Lehrern die Neigung, "immer mehr Schüler als | |
Förderschüler zu klassifizieren, um an mehr Ressourcen zu kommen". Außerdem | |
gibt es in Hamburg vier verschiedene Formen von Integration. Rabe will sich | |
in diesem Jahr an die "große Aufgabe" machen, diese zu einem neuen Konzept | |
zusammenzufassen. | |
Eine weitere Herausforderung sei der Schulbau. Die Raumsituation ist | |
vielerorts chaotisch. Allein für die kleineren Klassen werden viele Räume | |
gebraucht. Hinzu kommt, dass mehr Kinder die Vorschule besuchen und auch | |
mehr Jugendliche eine Oberstufe. So eröffnen fünf weitere Stadtteilschulen | |
eine 11. Klasse, nur noch drei Stadtteilschulen bieten keinen solchen | |
Anschluss ans Abitur. | |
Die Folge sind Provisorien. 660 Schüler werden in 305 Containern | |
unterrichtet, das sind mobile Schulräume, die allerdings mit 70 | |
Quadratmetern größer sind als viele herkömmliche Klassen. An einigen | |
Schulen fehlen zum Schulstart sogar diese Container, weil der Hersteller | |
aus Tschechien nicht pünktlich lieferte. | |
"Wir rechnen mit zwei Wochen Verzögerung", sagt Rabes Sprecher Peter | |
Albrecht. Die Schüler würden bis dahin in Fachräumen unterrichtet. | |
Die Linksfraktion sprach von einem "holprigen Schulstart" und die | |
FDP-Politikerin Anna von Treuenfels mahnte, Rabe müsse Ordnung in die | |
chaotische Planung bringen, sonst gefährde er den Schulfrieden. Stefanie | |
von Berg (Grüne) kritisierte, der SPD-Senator präsentiere nur Projekte, die | |
Schwarz-Grün auf den Weg brachte, vernachlässige aber das Thema der neuen | |
Lernkultur. | |
9 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
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