# taz.de -- Rückstellungen für Kraftwerksabwicklungen: Laufzeitverlängerungs… | |
> Eon will tausende Stellen streichen – und sagt: der Atomausstieg ist | |
> schuld. Ein Blick in die Bilanz zeigt jedoch: Der Atomkonzern operiert da | |
> wohl mit Luftbuchungen. | |
Bild: Letztes Jahr musste Eon dank der Laufzeitverlängerungen weniger Rückste… | |
BERLIN taz | Seit Eon in dieser Woche erstmals in seiner Geschichte einen | |
Quartalsverlust bekannt gegeben und massive Stellenkürzungen angekündigt | |
hat, herrscht dicke Luft. Am Freitag griff SPD-Chef Sigmar Gabriel den | |
Konzern an: Durch Fehlplanungen habe das Unternehmen in der Vergangenheit | |
über 20 Milliarden Euro verloren. | |
Deutschlands größter Energiekonzern will 11.000 von rund 80.000 | |
Angestellten entlassen, hat allerdings noch keine Details genannt. 6.000 | |
Stellen davon könnten im Inland betroffen sein. Nach Ver.di-Angaben will | |
der Konzern die Zentrale der Tochter Eon Energie in München dichtmachen. | |
Zwar machte der Konzern in den letzten beiden Jahren fast 10 Milliarden | |
Euro Gewinn, im ersten Halbjahr 2011 waren es für Eon-Verhältnisse aber | |
geringe 948 Millionen, von März bis Juni gab es den ersten Quartalsverlust | |
in der Geschichte: 382 Millionen Euro. | |
Mit rund 1,9 Milliarden Euro habe den Konzern der Atomausstieg belastet, | |
hieß es zur Begründung: Die Eon-Atomkraftwerke Isar 1 und Unterweser sowie | |
Krümmel und Brunsbüttel, an denen Eon beteiligt ist, sind mit dem neusten | |
Atomausstieg endgültig stillgelegt worden. Von "erheblichen Belastungen" | |
sprach der Konzern. | |
## "erhebliche Zuführungen zu den Rückstellungen" | |
Tatsächlich dürfte zumindest ein Teil der vermeintlichen Belastung eine | |
Luftbuchung sein. Ein Wirtschaftsprüfer sprach gegenüber der taz über | |
mögliche Auswirkungen auf die Bilanz des Konzerns. Dort gebe es im | |
Zusammenhang mit den Ausstiegskosten "erhebliche Zuführungen zu den | |
Rückstellungen". Dahinter verbirgt sich Folgendes: Jeder Atomkonzern ist | |
gesetzlich verpflichtet, Geld für den späteren Rückbau von Atomkraftwerken | |
zur Seite zu legen. Zudem spart sich Eon einen zusätzlichen Puffer an. Zum | |
1. Januar 2010 waren es bei Eon insgesamt 13,5 Milliarden Euro. Wenn | |
Atomkraftwerke länger laufen, können diese Rückstellungen über einen | |
längeren Zeitraum angespart werden - und belasten die jährliche Bilanz | |
weniger. Der Effekt bei Eon: Weil die AKW schneller vom Netz gehen, müssen | |
die Rückstellungen schneller gebildet werden. Die Kosten würden aber | |
ohnehin entstehen. | |
Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Im vergangenen Herbst hatte die | |
Bundesregierung beschlossen, die Laufzeiten der Kernkraftwerke zu | |
verlängern. Die Atomkonzerne mussten dadurch weniger Geld für die | |
jährlichen Rücklagen zur Seite legen. Stattdessen floss dieser Betrag als | |
zusätzlicher Gewinn in die Bilanz. Ein Sprecher von Vattenfall bestätigte | |
der taz, dass es zumindest bei dem schwedischen Konzern genau diesen Effekt | |
gab. Sprich: Was heute als angebliche Kosten des Atomausstiegs verbucht | |
wird, waren zum Teil die Zusatzgewinne des letzten Jahres. Andere Effekte | |
kosten die Konzerne allerdings tatsächlich: Vor allem das stillgelegte AKW | |
Krümmel schlägt zu Buche. Denn das hätte selbst unter dem alten | |
Atomausstieg von Rot-Grün noch ein paar Jahre am Netz bleiben dürfen, bis | |
es Schwarz-Gelb stilllegte. | |
12 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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