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# taz.de -- Angela Merkel und die Eurobonds: Dr. Nö in Bedrängnis
> Schwarz-Gelb will offiziell Eurobonds verhindern – hinter verschlossenen
> Türen aber denkt man längst über solche Modelle nach. Derweil kauft die
> EZB weiter Anleihen auf.
Bild: Eurobonds? Mais non! Die sollen beim Treffen zwischen Merkel und Sarkozy …
BERLIN taz | Offiziell will die Regierung von dem Instrument, das viele
Experten für die Lösung halten, nichts wissen. Eurobonds seien für die
Regierung in den vergangenen Monaten in der Schuldenkrise kein Thema
gewesen, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. "Und die Kanzlerin hält
sie auch jetzt nicht für sinnvoll."
Finanzminister Wolfgang Schäuble lässt die gleiche Botschaft über seinen
Sprecher ausrichten. Und Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP)
findet: "Eurobonds würden bedeuten, dass die Zinslast für alle gleich wäre
– das würde gute Staaten bestrafen."
Gemeinsame Staatsanleihen aller EU-Staaten, das war bisher ein Tabu für
Schwarz-Gelb. Für viele Abgeordnete der Koalition wäre es der letzte
Schritt in eine Schuldenunion, in der Deutschland für Sünden anderer
Staaten aufkommen müsste. Seit Medien unter Berufung auf Regierungskreise
am Wochenende berichtet hatten, die Regierung schließe solche Bonds als
letztes Mittel im Kampf gegen die Schuldenkrise nicht mehr aus, fürchten
viele in der Koalition einen erneuten Kurswechsel.
Für Kanzlerin Angela Merkel kommt diese Diskussion mehr als ungelegen: Sie
trifft an diesem Dienstag Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, um über
die wirtschaftspolitische Steuerung der Euro-Zone zu reden. Eurobonds
sollen kein Thema sein.
## Dementi nicht mehr so kategorisch
Dafür sind sie es in Berlin mehr als je zuvor. Und manches Dementi klingt
nicht mehr so kategorisch wie noch vor einigen Monaten. Ein Beispiel
lieferte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter
Altmaier. Im Interview mit dem Deutschlandfunk betonte er, Eurobonds seien
"keine gute Lösung", weil sie den Spardruck von verschuldeten Ländern
nehmen.
Aber er sagte auch: Es mache wenig Sinn, "immer auf Prinzipien und
absoluten Positionen herumzureiten". Der Finanzminister selbst ließ sich im
Spiegel mit dem Satz zitieren, er schließe Eurobonds aus, "solange die
Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben". Dreht man diese Sätze
herum, sind für beide Eurobonds denkbar. Unter bestimmten Bedingungen.
## Schwarz-Gelb will Eurobonds verhindern
Klar ist: Schwarz-Gelb will Eurobonds mit aller Macht verhindern. Für die
Regierung blieben "konsequente Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen der
zentrale Ansatz", betont Regierungssprecher Seibert. Doch was, wenn immer
neue Sparauflagen und Hilfspakete für Schuldner nicht reichen? Die
Berechnung dieses Worst-Case-Szenarios hat auch in der Regierung längst
begonnen. Experten im Finanzministerium kalkulieren - neben diversen
anderen - auch Modelle mit Eurobonds. Ein Volkswirtschaftler, der Eurobonds
befürwortet und nicht selbst im Ministerium sitzt, sagt über die zuständige
Abteilung: "Man kennt sich und redet miteinander. Es ist keine Frage der
Sprachlosigkeit, sondern des politischen Willens."
In der Unionsfraktion haben einzelne einen sehr differenzierten Blick auf
das finanzpolitische Instrument. Auch für sie sind Eurobonds eine Frage der
Bedingungen. "Wenn es gelingt, in der EU einen harten
Stabilitätsmechanismus samt Schuldenbremse zu installieren, kann man
darüber reden", sagt ein Insider. Denkbar sei ein Modell, bei dem nur ein
Teil der Bonds gemeinsam herausgegeben werde - so, wie es der Ökonom Jakob
von Weizsäcker vorschlägt. Eurobonds stünde für solche Unionsleute also am
Ende eines Prozesses, bei dem Schuldenstaaten Zugeständnisse machen müssten
- als nicht mehr ganz unwahrscheinliche Notlösung.
## EZB kauft wieder Staatsanleihen
Derweil hat die EU-Zentralbank schon wieder massiv interveniert: Sie kaufte
vergangene Woche Anleihen im Volumen von 22 Milliarden Euro, wie die
Währungshüter am Montag mitteilten.
Die EZB hat damit insgesamt Staatsanleihen im Wert von 96 Milliarden Euro
in ihren Büchern stehen, vor allem griechische, portugiesische und irische.
Zuletzt dürfte sie aber vor allem Papiere aus Spanien und Italien gekauft
haben.
15 Aug 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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