# taz.de -- Aufstand in Syrien: Assad macht Versprechen | |
> Der syrische Präsident hat dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Reformen | |
> und Wahlen zugesagt. US-Präsident Obama und die EU fordern derweil Assads | |
> Rücktritt. | |
Bild: Assad schiebt seine Truppen hin und her. | |
BERLIN taz | Wochenlang hatte sich Baschar al-Assad geweigert, Anrufe des | |
Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-moon auch nur entgegen zu | |
nehmen. In der Nacht zum Donnerstag hat er jetzt nicht nur auf das | |
Klingelzeichen reagiert, sondern dem Anrufer aus New York auch noch gleich | |
versichert, die Militäroperationen gegen die syrische Bevölkerung seien | |
beendet. | |
Damit kam der syrische Präsident den wiederholten Aufforderung Bans, "alle | |
militärischen Aktionen und Massenverhaftungen" zu stoppen, unmittelbar | |
nach. Auch versprach Assad dem UN-Chef demnach, jetzt Reformvorhaben | |
umsetzen, die Verfassung ändern und Wahlen abhalten zu wollen. | |
Ganz ohne ein naheliegendes politisches Kalkül scheinen die Zugeständnisse | |
des syrischen Präsidenten allerdings nicht erfolgt zu sein. Noch am | |
Donnerstagabend unserer Zeit will der UN-Sicherheitsrat in New York zu | |
einer Sondersitzung über Syrien zusammen kommen. Nach dem Scheitern des | |
jüngsten türkischen Vermittlungsversuchs dürfte die Stimmung im | |
Sicherheitsrat sich nicht zu Gunsten von Assad gewendet haben. | |
Zudem wird in der kommenden Woche in Genf der UN-Menschenrechtsrat eine | |
Dringlichkeitssitzung zu Syrien abhalten. Diese Sitzung hatten alle 24 | |
Mitgliedsstaaten gefordert, darunter auch die arabischen Jordanien, Katar, | |
Kuwait und Saudi-Arabien. Saudi-Arabien hatte sich erst jüngst mit scharfer | |
Kritik an der "Mordmaschinerie" des Regimes hervor getan. | |
Tatsächlich hatte das Assad-Regime in den vergangenen Tagen auch einige | |
[1][demonstrative Truppenbewegungen] vollzogen. So wurde die Armee aus | |
Hama, Deir Ez-Zor und der Umgebung von Latakia wieder abgezogen, freilich | |
erst nachdem sie den Menschen ihre überlegene Feuerkraft demonstriert | |
hatten. | |
## Weitere Demonstrationen geplant | |
Das Feld wurde wieder den Milizen und den 17 Geheimdienstgruppen | |
überlassen, die die Proteste unter Kontrolle halten sollen. Würden diese, | |
wie von Ban gefordert, tatsächlich abgezogen, wären weite Teil Syriens in | |
der Hand der Opposition. | |
Die Oppositionsgruppen reagierten bsilang auf die Ankündigung Assads mit | |
erwartbarer Skepsis. Alleine am Mittwoch seien in syrischen Städten und | |
Dörfern mindestens 21 Zivlisten getötet worden, erklärten sie. Der | |
Nachrichtensender Al-Arabiya berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, | |
dass es weiter Razzien und Verhaftungen in den Städten Homs und Aleppo | |
gegeben hätte. | |
Im palästinensischen Flüchtlingslager Ramel bei Latakia kam ebenfalls ein | |
Mensch ums Leben. Nach den [2][Beschießungen von Land und See her] hatten | |
die meisten der rund 5.000 Bewohner das Lager verlassen. Gewöhnlich finden | |
die Protestdemonstrationen im Fastenmonat Ramadan nach dem Abendgebet | |
statt. Oppositionsgruppen erklärten, dass weitere Demonstrationen | |
stattfinden würden. | |
## Obama fordert Rücktritt Assads | |
US-Präsident Barack Obama und die Europäische Union haben unterdessen den | |
syrischen Staatschef Baschar el Assad zum Rücktritt aufgefordert. Für Assad | |
sei die Zeit gekommen, "sich zurückzuziehen", erklärte Obama am Donnerstag | |
in Washington. Gleichzeitig kündigte er das Einfrieren von Guthaben der | |
syrischen Regierung in den USA an. | |
Die EU-Außenbeauftrages Catherine Ashton sagte, Assad habe "aus Sicht des | |
syrischen Volkes jegliche Legitimität verloren" und es sei "notwendig für | |
ihn, die Macht niederzulegen". In einer gemeinsamen Erklärung forderten | |
auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Nicolas | |
Sarkozy sowie der britische Premierminister David Cameron Assads Rücktritt. | |
Seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime sind nach Schätzungen von | |
Opposition und Menschenrechtsgruppen mindestens 2000 Menschen getötet | |
worden. Weit mehr als 10.000 Personen wurden verhaftet oder verschleppt. | |
Wiederholt hatte Assad versucht, mit Reformversprechen den Demonstrationen | |
die Spitze zu nehmen. Doch das brutale Vorgehen von Armee, Polizei und der | |
Shabiha, den Schlägertruppen des Regimes, hatte immer mehr Menschen auf die | |
Straße getrieben. | |
18 Aug 2011 | |
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## AUTOREN | |
Georg Baltissen | |
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