# taz.de -- Aufstand in Syrien: Westerwelle droht mit neuen Sanktionen | |
> Assad schiebt seine Truppen von einem Brennpunkt zum nächsten. | |
> Deutschland und die Türkei wollen den Druck auf das syrische Regime | |
> erhöhen, Russland liefert weiter Waffen. | |
Bild: Demonstration der Stärke: Panzer verlassen Deir-al Sur. | |
DAMASKUS/BERLIN/GENF dpa | Außenminister Guido Westerwelle hat Syrien mit | |
weiterem internationalen Druck und neuen Sanktionen gedroht. Auch die | |
türkische Regierung diskutiert nach der Eskalation der Gewalt in Syrien | |
einen Kurswechsel im Umgang mit dem Regime. Russland hingegen verkauft | |
Syrien weiterhin Waffen. Der UN-Menschenrechtsrat wird sich in einer | |
Sondersitzung in Genf mit der Lage beschäftigen. | |
Präsident Baschar al-Assad müsse die "brutale Gewalt" gegen sein eigenes | |
Volk beenden, verlangte Westerwelle am Mittwoch in Berlin. Zugleich | |
forderte der Außenminister das Regime in Damaskus zu Gesprächen mit der | |
Opposition auf. "Ein Dialog ist notwendig. Reformen sind notwendig", sagte | |
Westerwelle. "Wenn diese Reformen nicht tatsächlich kommen, dann muss | |
Präsident Assad gehen." Der FDP-Politiker verzichtete jedoch weiterhin | |
darauf, Assad zum sofortigen Rücktritt aufzufordern. | |
Die EU will in den nächsten Tagen über eine Verschärfung der bestehenden | |
Sanktionen beraten. Westerwelle nannte als mögliche Ziele neuer | |
Strafmaßnahmen den "Energiebereich". Die EU-Staaten nehmen den Löwenanteil | |
der syrischen Öl-Exporte ab. "Wirtschaftssanktionen, die nur das Regime | |
treffen und nicht das Volk sind der beste Weg", sagte Fawaz Sakarna, ein | |
Exil-Oppositioneller der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul. | |
Außerdem will sich der UN-Menschenrechtsrat in einer Sondersitzung am | |
kommenden Montag in Genf mit der Lage in Syrien beschäftigen. Die | |
Initiative haben die EU sowie die USA ergriffen. In einem vom | |
Menschenrechtsrat am 29. April angeforderten Bericht ist von "ausufernder | |
Gewalt durch syrische Sicherheitskräfte gegen Zivilisten" die Rede. Dabei | |
sei die Mehrzahl der Betroffenen friedliche Demonstranten gewesen. | |
## Türkei schwindet die Geduld | |
Die türkische Regierung diskutiert nach der Eskalation der Gewalt in Syrien | |
einen Kurswechsel im Umgang mit dem Regime von Präsident Baschar al-Assad. | |
Da Damaskus ungeachtet türkischer Appelle und Vermittlungsversuche weiter | |
brutal gegen Regimegegner vorgehe, werde nun über Sanktionen und ein | |
Herunterfahren der diplomatischen Kontakte beraten, berichteten türkische | |
Medien am Mittwoch. Berichte über Pläne für die Einrichtung einer | |
militärischen Pufferzone an der Grenze Syriens zur Türkei seien von | |
Regierungskreisen in Ankara aber zurückgewiesen worden. | |
Die türkische Regierung überlege, ihren Botschafter aus Damaskus | |
abzuziehen, berichteten türkische Zeitungen am Mittwoch. Weiter könnte die | |
militärische Zusammenarbeit eingestellt, der Verkehr beschränkt und | |
Guthaben der Familie des syrischen Präsidenten in der Türkei eingefroren | |
werden. | |
Türkische Kommentatoren spekulieren immer wieder über die Möglichkeit eines | |
internationalen Einsatzes in Syrien, sollte Damaskus noch härter gegen | |
Gegner des Regimes vorgehen. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu | |
hatte am Montag erneut gefordert, die Gewalt gegen Zivilisten müsse beendet | |
werden und dies als "letztes Wort" bezeichnet. "Über die weiteren Schritte | |
gibt es sonst nichts mehr zu sagen", hatte er erklärt. | |
## Russland liefert weiter Waffen an Assad | |
Trotz des brutalen Vorgehens syrischer Sicherheitskräfte gegen | |
Regierungsgegner verkauft Russland dem arabischen Land weiter Waffen. "Es | |
gab Lieferungen im vergangenen Jahr, es gibt sie in diesem Jahr und es wird | |
sie weiter geben", sagte der Chef des staatlichen Rüstungskonzerns | |
Rosoboronexport, Anatoli Issajkin, am Mittwoch nach Angaben der Agentur | |
Interfax. | |
"Solange keine Sanktionen verhängt sind, solange es keine Anweisungen der | |
Regierung gibt, sind wir verpflichtet, unsere Vertragsverpflichtungen zu | |
erfüllen. Und das tun wir." Russland liefere unter anderem | |
Trainingsflugzeuge des Typs Jak-130, sagte Issajkin am Rande der | |
Luftfahrtmesse MAKS bei Moskau. Weitere Angaben machte er nicht. | |
Vor kurzem hatte US-Außenministerin Hillary Clinton Moskau zu einem Ende | |
der Waffenverkäufe an das Regime von Präsident Baschar al-Assad | |
aufgefordert. Die UN-Vetomacht Russland lehnt eine Resolution des | |
Weltsicherheitsrates gegen Syrien ab. | |
## Truppen rücken in Homs vor | |
In den syrischen Städten Latakia und Deir al-Sor hat sich die Situation | |
nach den Militäroperationen und Razzien der vergangenen Tage wieder etwas | |
beruhigt. Dafür rückten die Regierungstruppen am Mittwoch nach Angaben von | |
Regimegegnern in größerer Zahl in die Städte Homs und Hama vor. In Hama | |
seien außer Erwachsenen auch zahlreiche Minderjährige festgenommen worden. | |
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete, am Vortag | |
seien in der Provinz Idlib und in Deir al-Sor jeweils ein Zivilist getötet | |
worden. Am Latakia sei am Mittwoch eine Frau ihren Verletzungen erlegen, | |
die sie am Montag erlitten habe. Ein Scharfschütze habe in Homs einen Mann | |
erschossen. | |
Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete, die Sicherheitskräfte | |
hätten im Viertel Al-Ramel Al-Dschanubi in Latakia sowie in Deir al-Sor | |
ihre Operationen gegen "bewaffnete Terrorgruppen" erfolgreich beendet. Sie | |
seien nun dabei, sich zurückzuziehen. | |
17 Aug 2011 | |
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