# taz.de -- Sanktionen gegen Syrien: Assad ist unbeeindruckt | |
> Das syrische Regime zeigt sich gelassen angesichts der | |
> Rücktrittsforderungen des Westens. Deutschland und andere europäische | |
> Staaten wollen UN-Sanktionen durchsetzen. | |
Bild: Reagiert erstmal gar nicht auf die Rücktrittsforderungen: Syriens Präsi… | |
DAMASKUS/NEW YORK dpa | Die syrische Führung zeigt sich wenig beeindruckt | |
von den neuen Forderung westlicher Staaten nach einem Rücktritt von | |
Präsident Baschar al-Assad. Der syrische Botschafter bei den Vereinten | |
Nationen in New York, Baschar al-Dschafari, erklärte in der Nacht zum | |
Freitag lediglich, Russland und China stünden nach wie vor auf der Seite | |
Syriens. Auch die anderen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sollten mit | |
Regierungen zusammenarbeiten und nicht mit "der Straße" zitierte die | |
staatliche Nachrichtenagentur Sana den Diplomaten. | |
Assad selbst und seine Regierung nahmen zu der Forderung der USA und der | |
Europäer bislang nicht Stellung. Die USA, Deutschland, Großbritannien und | |
Frankreich hatten wegen der exzessiven Gewalt gegen Demonstranten am | |
Donnerstag erklärt, Assad solle abtreten, um den Weg freizumachen für eine | |
demokratische Zukunft Syriens. | |
Deutschland und drei andere europäische Staaten wollen UN-Sanktionen gegen | |
Syrien im Weltsicherheitsrat durchsetzen. "Wir werden umgehend mit der | |
Arbeit an einer Resolution beginnen, und sie wird Sanktionen einschließen", | |
kündigte der stellvertretende deutsche UN-Botschafter Miguel Berger in New | |
York an. Die vier Europäer würden ihre Kollegen im Sicherheitsrat "in den | |
nächsten Tagen" in die Vorbereitung des Textes miteinbeziehen, sagte der | |
Diplomat. Er sprach am späten Donnerstag (Ortszeit) nach einer | |
geschlossenen Ratsdebatte über die Entwicklung in Syrien zur Presse. | |
Sein britischer Amtskollege, Philip Parhem, bekräftigte: "Die Zeit ist reif | |
für weiteren Druck" auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Dieser | |
müsse die Gewalt einstellen, das Morden beenden, die Gefangenen freilassen | |
und humanitäre Organisationen ins Land lassen. Zu Assads Versicherung in | |
einem Telefonat mit UN-Chef Ban Ki Moon, dass die Militäreinsätze beendet | |
seien und Reformen kämen, sagte Parhem: "Wie immer gibt es eine tiefe Kluft | |
zwischen dem Versprochenen und der Realität". | |
Dagegen versicherte der syrische UN-Botschafter Baschar Jaafari, dass die | |
Operationen von Polizei und Militär eingestellt seien. Er warf dem Westen | |
vor, sich illegal in die Angelegenheiten seines Landes einzumischen. Diese | |
Länder wollten alte Rechnungen mit Syrien begleichen. "Diese Kräfte | |
empfinden nichts als Hass gegen mein Land, gegen mein Volk", sagte der | |
Syrer. | |
## Fünf Tote in der vergangenen Nacht | |
Die Unterdrückung der Proteste geht unterdessen weiter. Am Donnerstag | |
starben nach unbestätigten Angaben von Oppositionellen in den Provinzen | |
Homs, Latakia und Damaskus-Land fünf Menschen. Einer von ihnen sei zu Tode | |
gefoltert worden, hieß es. An mehreren Orten kam es in der Nacht zu | |
Protestaktionen gegen das Regime. | |
Oppositionelle publizierten im Internet ein Video, das zeigt, wie | |
mutmaßliche Regimegegner aus der Stadt Hama nach ihrer Festnahme verhöhnt | |
und mit Schlägen dazu gezwungen werden, "Gott, Syrien, Baschar und sonst | |
nichts" zu rufen. Das Video wurde den Angaben zufolge bereits vor einigen | |
Wochen aufgenommen. Al-Dschafari erklärte derweil, die USA und die Europäer | |
sollten ihre Informationen nicht von YouTube und anderen | |
Internet-Plattformen beziehen, sondern von der Regierung in Damaskus. | |
Bislang verhindert die Regierung allerdings eine unabhängige | |
Berichterstattung über die Proteste. | |
## Russland zieht nicht mit | |
Die UN-Vetomacht Russland hat die jüngsten Rücktrittsforderungen der | |
internationalen Gemeinschaft an den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad | |
als "verfrüht" zurückgewiesen. Der Führung in Damaskus müsse mehr Zeit für | |
Reformen gegeben werden. Das sagte ein Mitarbeiter des Außenministeriums in | |
Moskau am Freitag nach Angaben der Agentur Interfax. | |
Er lobte Assads Erklärung vom Vortag, dass die Operationen von Polizei und | |
Militär eingestellt worden seien, als "sehr wichtige Verbesserung der | |
Lage". Die USA sowie Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten am | |
Vortag Assad zum Rücktritt aufgefordert und wollen UN-Sanktionen gegen | |
Syrien im Weltsicherheitsrat durchsetzen. | |
## UN schicken humanitäre Mission | |
Die Vereinten Nationen wollen am Wochenende eine humanitäre Mission nach | |
Syrien schicken, die mögliche Menschenrechtsverletzungen durch die Truppen | |
von Präsident Baschar el Assad untersuchen soll. "Wir haben die Garantie, | |
dass wir uns überall hinbegeben können, wo wir wollen", sagte am Donnerstag | |
in New York die Chefin der humanitären UN-Einsätze, Valerie Amos. "Wir | |
wollen uns auf die Orte konzentrieren, von denen Kämpfe berichtet wurden." | |
Amos hatte seit Wochen bisher vergeblich versucht, eine Mission nach Syrien | |
schicken zu können. | |
19 Aug 2011 | |
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