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# taz.de -- Universität Köln und Bayer: Geheime Partnerschaft
> Die Uni Köln hält einen Vertrag mit dem Pharmakonzern unter Verschluss.
> Dem Landesdatenschutzbeauftragten passt das nicht. Jetzt landet der Fall
> vor Gericht.
Bild: Verwaltungsgebäude des Bayer-Konzerns: Die Pressesprecherin schweigt min…
KÖLN taz | So viel Geheimniskrämerei ist ungewöhnlich: Erkundigt man sich
beim Pharmariesen Bayer nach der Kooperation mit der Universität Köln,
schweigt die Pressesprecherin sekundenlang ins Telefon, ehe sie sagt, dass
sie nichts sagt. Je konkreter die Nachfragen, desto "alberner" findet sie
sie. Sie muss sich erst mit dem Rektor absprechen, dann sagt sie: nichts.
Das industriekritische Bündnis "Coordination gegen Bayer-Gefahren" hat
darum nun Klage auf Offenlegung des 28-seitigen Abkommens zwischen
Universität und Pharmakonzern eingereicht. Es könnte ein Präzedenzfall
werden, was die Zusammenarbeit von Hochschulen und Wirtschaft anbetrifft.
Das Gericht hat die Universität und Bayer zu einer Stellungnahme bis Mitte
Oktober aufgefordert.
Im März 2008 hatte die Kölner Universität mit dem Bayer-Konzern eine
"präferierte Partnerschaft" vereinbart, wonach beide bei der Entwicklung
neuer Medikamente vorrangig zusammenarbeiten. Auch ein Graduiertenkolleg
für Doktoranden wurde mithilfe von Bayer eingerichtet. Der damalige
Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) freute sich über eine
Zusammenarbeit, die "beide Seiten stärkt": Diese Kooperation sei "die
weitreichendste, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang
eingegangen ist".
Wie weit die Zusammenarbeit konkret reicht, ist allerdings unklar. Die
Universität hatte in einem Schreiben an das bayer-kritische Bündnis zwar
eingeräumt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Kooperation erst
nach "wechselseitiger Unterrichtung" publiziert werden. Bei der Entwicklung
neuer Medikamente sehe der Vertrag eine "angemessene Vergütung" der
Universität vor. "Auf die eigentlich kritischen Punkte gab es allerdings
auf unsere Rückfragen keine Antwort", sagt Philipp Mimkes vom Vorstand der
"Coordination gegen Bayer-Gefahren". Völlig offen bleibe etwa, wer die
Verwertungsrechte an den Arzneien habe und wie die Vergütung genau geregelt
sei. Mimkes Verdacht: Ein privater Pharmakonzern könnte hier eine
staatliche Hochschule als billige Entwicklungsabteilung missbrauchen.
## Datenschützer kann nur appellieren
Rückendeckung bekommen hat das Bündnis vom nordrhein-westfälischen
Landesbeauftragten für Datenschutz, Ulrich Lepper, der Einblick in das
Abkommen nehmen konnte und die Uni ebenfalls zur Veröffentlichung
auffordert. Das Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW, über dessen
Einhaltung Lepper wacht, sieht vor, dass Dokumente öffentlicher Stellen
grundsätzlich zugänglich sein müssen. Die Universität beruft sich
allerdings auf eine Ausnahmereglung, wonach Forschungsvorhaben nicht
offengelegt werden müssen, um die Freiheit der Wissenschaft zu wahren.
"Eine Veröffentlichung von konkreten Forschungsthemen und Projekten wäre
problematisch", sagt auch Lepper. Doch sei "in dem Vertrag nichts davon zu
erkennen." Dieser regle vor allem Organisatorisches. "Dass die Universität
hier mit der Wissenschaftsfreiheit argumentiert, überzeugt mich nicht."
Das Problem: Lepper kann allenfalls appellieren. Mimkes von den
Bayer-Kritikern nennt es "unbefriedigend", dass die Landesregierung sich an
Leppers Votum "nicht halten muss". Dem Bündnis bleibt daher nur der
Klageweg. Für den Prozess vor dem Kölner Verwaltungsgericht haben
Universität und Bayer aufgerüstet, was sich laut Mimkes darin zeigt, dass
sich beide von renommierten Großkanzleien vertreten lassen. Der
Bayer-Konzern wurde vom Gericht beigeladen und kann deswegen zu jedem
Verfahrensschritt Stellung nehmen. "Die hängen das sehr hoch", sagt Mimkes.
"Wir schätzen, dass Bayer die Universität dazu drängen wird, die Sache bis
zur letzten Instanz auszufechten." Von Bayer selbst heißt es dazu wenig
überraschend: kein Kommentar.
21 Aug 2011
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Schwerpunkt Bayer AG
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