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# taz.de -- Kooperationen von Unis und Unternehmen: Transparenz ist legal
> Die teilweise Veröffentlichung von Verträgen mit Unternehmen ist
> rechtens, besagt ein Gutachten des Bundestages. Es bestünde ein
> öffentliches Interesse an den Kooperationen.
Bild: In Berlin gab es 2009 insgesamt 660 Lehrstühle, die von Unternehmen fina…
BERLIN taz | Einer Pflicht zur teilweisen Veröffentlichung von geheimen
Verträgen zwischen Unternehmen und Hochschulen steht rechtlich nichts im
Wege. Zu dieser Einschätzung gelangt ein Gutachten der wissenschaftlichen
Dienste des Bundestages, das der taz vorliegt. "Denkbar wäre […], eine
grundsätzliche, aber inhaltlich beschränkte Veröffentlichungspflicht
hinsichtlich der Größenordnung der gezahlten Gelder und der Laufzeit
einzuführen", heißt es in dem 13-seitigen Gutachten.
Laut der Gutachter bestünde sogar ein öffentlichen Interesses daran,
Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen
offenzulegen, "um einer übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer
Hochschule entgegenzuwirken und größere Transparenz sicherzustellen". Die
Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen hat in den vergangenen
Jahren zugenommen. Eine besonders intensive Form sind Institute, die von
Hochschulen und Unternehmen gemeinsam finanziert werden. [1][So wie jenes
2006 von Deutscher Bank und zwei Berliner Universitäten gegründete Institut
für angewandte Finanzmathematik]. Die Bank hatte sich dabei per Vertrag
weitreichende Mitbestimmungsrechte gesichert.
Und Berlin ist kein Einzelfall: Laut einer Studie des unternehmensnahen
Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft gab es im Jahr 2009
insgesamt 660 Lehrstühle, die von Unternehmen finanziert wurden. Derzeit
klagen Aktivisten in Köln vor Gericht darauf, Einsicht in einen Vertrag
zwischen der Uni Köln und dem Pharmariesen Bayer Healthcare zu erhalten.
Auch im Bundestag mehren sich die Stimmen aus der Opposition, die eine
generelle Veröffentlichungspflicht für solche Verträge fordern. Eine
umfassenden Veröffentlichungspflicht sei nicht möglich, so das Gutachten,
denn dies würde die grundgesetzlich geschützte Forschungsfreiheit
beeinträchtigen, "da eine Veröffentlichung von Details über
Forschungsprojekte einen […] Know-how-Vorsprung entwerten würde".
## Einseitige Abhängigkeiten vermeiden
Gäbe man allerdings nur die Summe der gezahlten Gelder und die Laufzeit
bekannt, würden keine wissenschaftlichen Einzelheiten verraten. Zumal viele
Hochschulen ohnehin ihre Kooperationen veröffentlichten. Das Fazit der
Gutachter: "So könnten einseitige Abhängigkeiten und jeder Anschein davon
vermieden werden."
Allerdings sehen die Gutachter insbesondere die Länder in der
Verantwortung. Der Bund darf nämlich qua Grundgesetz nur in der Forschung,
nicht jedoch in der Lehre mitregieren. Beides sei schwer zu trennen.
Der SPD-Bildungsexperte Swen Schulz will die Bundesregierung jedoch nicht
aus der Pflicht nehmen: "Der Bundestag könnte die Regierung beauftragen,
Gespräche mit den Ländern zu führen, um eine Lösung zu finden", sagte er
der taz. Doch das CDU-geführte Wissenschaftsministerium zeigt sich bisher
nicht interessiert und schiebt rechtliche Bedenken vor, wie aus einer
Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei vom Juli hervorgeht.
Der Stifterverband ist bereits einen Schritt weiter. Er stellte in der
vergangenen Woche einen "Code of Conduct" für die Zusammenarbeit von
Hochschulen und Unternehmen vor. Diesen freiwilligen Verhaltenskodex
begrüßt Schulz zwar. "Aber eine Selbstverpflichtung allein ersetzt kein
Gesetz", meint der Parlamentarier.
Wer andere [2][Fälle illegitimer Einflußnahme der Wirtschaft auf die Uni]
kennt, der möge sich bitte wenden an [email protected]
15 Aug 2011
## LINKS
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## AUTOREN
A. Budweg
A. Lehmann
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