# taz.de -- Geheimvertrag zwischen Uni Köln und Bayer: "Informationsfreiheit g… | |
> Die Uni Köln hält einen Vertrag mit Bayer unter Verschluss. Hochschulen | |
> müssen nicht auch nicht alles preisgeben, sagt der Rechtsprofessor | |
> Friedrich Schoch. | |
Bild: Wissen nicht, welche Verträge ihre Uni mit Firmen hat: Studenten an der … | |
taz: Bürger haben das Recht auf Informationen von Behörden, also auch von | |
Universitäten. Haben Sie als Wissenschaftler nicht Angst, dass Sie dann zu | |
viel preisgeben müssten? | |
Friedrich Schoch: Nein. Es gibt Dokumente, die nicht jeder einsehen soll, | |
auch bei mir. Prüfungsunterlagen etwa, Sitzungsprotokolle oder Entwürfe zu | |
laufenden Forschungsarbeiten. Solche Aufzeichnungen sind geschützt. Die | |
Informationsfreiheit gilt nicht absolut. | |
Das sagt auch die Universität Köln, die gerade vor Gericht steht, weil sie | |
einen Vertrag mit dem Pharmahersteller Bayer nicht offenlegen will. Hat sie | |
recht? | |
Im Grunde schon. Das Informationsfreiheitsgesetz in Nordrhein-Westfalen | |
kann für Hochschulen nicht angewendet werden, soweit diese in den Bereichen | |
Forschung, Lehre und Prüfungen tätig werden. Ich vermute, dass der Vertrag | |
zwischen der Uni Köln und Bayer eben die Forschung betrifft. | |
Warum sollten eigentlich für Universitäten mehr Heimlichkeiten gelten als | |
für andere Behörden, wie etwa das Wissenschaftsministerium? | |
Hochschulen sind informationspflichtig, aber eben nicht in allen Bereichen. | |
Es hängt immer vom konkreten Begehren ab. Wenn Sie die Heizölverträge der | |
Uni einsehen wollen, haben Sie wahrscheinlich Erfolg. Dass es aber nicht | |
Sinn der Informationsfreiheit ist, dass jeder die Prüfungsleistungen | |
einzelner Studierender begutachten kann, versteht sich von selbst. | |
Und warum sollte man nicht Einsicht in Forschungsvorhaben verlangen können? | |
In bestimmten Konstellationen könnte ein völlig freier Informationszugang | |
die Forschung durchaus gefährden. Denken Sie zum Beispiel an Forschungen, | |
die noch nicht abgeschlossen sind, bei denen etwa Betriebs- und | |
Geschäftsgeheimnisse oder das geistige Eigentum zu schützen sind. Es ist | |
legitim, wenn zum Beispiel konkurrierende Forschungseinrichtungen, die sich | |
eigene Anstrengungen ersparen möchten, vom Informationszugang | |
ausgeschlossen werden. | |
Forschung lebt doch von Transparenz. | |
Natürlich. Forschungsergebnisse sind transparent zu machen, damit die | |
Fachöffentlichkeit sie diskutieren kann. Der Weg dorthin nicht unbedingt. | |
Der nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsbeauftragte hat den Kölner | |
Vertrag gesichtet. Er sieht nicht, dass darin Forschungsdetails verabredet | |
würden. Wo verläuft genau die Grenze? | |
Die Grenze muss man immer im Einzelfall ziehen. Aber für Juristen gibt es | |
eine klare Definition, mit der sie arbeiten können. Das | |
Bundesverfassungsgericht definiert Forschung als jede "geistige Tätigkeit | |
mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue | |
Erkenntnisse zu gewinnen". | |
Was fällt alles darunter? Auch das Sponsoring eines Instituts? | |
Geschützt ist alles, was in unmittelbarem Zusammenhang mit der Forschung | |
steht. Zum Beispiel die Dokumentation erfolgreicher oder weniger | |
erfolgreicher Methoden in der Arzneimittelforschung. Nicht geschützt sind | |
äußere Umstände wie die eingesetzten finanziellen Mittel. Das Sponsoring | |
eines Instituts dürfte offenzulegen sein. | |
Nordrhein-Westfalen ist eines der wenigen Bundesländer, wo Ausnahmen für | |
Hochschulen explizit erwähnt sind. Darauf beruft sich die Uni Köln. Sind | |
Wissenschaftler andernorts schlecht geschützt? | |
Nein. Die Gesetze sehen ohnehin vor, dass Hochschulen bestimmte | |
Informationen verweigern können, wenn es zum Beispiel um den Schutz | |
geistigen Eigentums oder um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht. | |
Deshalb verstehe ich in rechtspolitischer Hinsicht die Hochschulklausel in | |
NRW nicht. Mir ist nicht bekannt, dass Hochschulen andernorts zu viel | |
preisgeben müssen und deswegen Probleme haben. | |
25 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bayer AG | |
Uni Köln | |
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