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# taz.de -- Aufstand in Syrien: Assad bleibt nur noch der Libanon
> Der Iran, bisher engester Verbündeter der syrischen Führung, hat Kontakt
> zu Oppositionellen aufgenommen. In Hama durchsuchen Soldaten Häuser nach
> Oppositionellen.
Bild: Ein Demonstrant in Suqba.
DAMASKUS/WASHINGTON dpa/rtr/afp | Hunderte syrische Soldaten haben am
Mittwoch Anwohnern zufolge Häuser in der Stadt Hama nach Oppositionellen
durchsucht. Es seien Schüsse zu hören, sagte ein Aktivist vor Ort Reuters
per Telefon.
Zahlreiche Panzer sowie kleine und große Busse hätten am östlichen Zugang
der Stadt geparkt, in der das Militär 1982 ein Masaker verübte und in der
es zu den größten Demonstrationen gegen Präsident Baschar al-Assad kam. Die
Soldaten seien zu Fuß in zwei Viertel eingerückt. Auch nördlich von Hama
seien Regierungssoldaten aufgezogen. Hama liegt rund 200 Kilometer nördlich
der Hauptstadt Damaskus.
Der Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad dauert seit fünf Monaten an.
Ermutigt durch den Erfolg der libyschen Rebellen im Kampf gegen den
mittlerweile untergetauchten früheren Machthaber Muammar Gaddafi hat auch
die syrische Opposition den Druck auf Assad erhöht. Eine Überprüfung der
Angaben ist nur schwer möglich, da die Regierung ausländische Journalisten
ausgewiesen hat.
## Iran spricht mit Oppositionellen
Auch die engsten Verbündeten des syrischen Regimes wenden sich
offensichtlich ab. Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete in der Nacht
zum Mittwoch, iranische Diplomaten hätten kürzlich in Paris syrische
Oppositionelle getroffen. Der Iran war bisher der engste Verbündete des
Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
In der vergangenen Woche hatte Teheran erstmals erklärt, die syrische
Regierung müsse die legitimen Forderungen des Volkes anerkennen. Die
Führung in Damaskus bezeichnet die Anhänger der Bewegung, die seit fünf
Monaten für den Sturz des Regimes demonstriert, wahlweise als "Terroristen"
oder "kriminelle Banden".
Inzwischen steht lediglich die von der schiitischen Hisbollah-Bewegung
dominierte libanesische Regierung noch fest zu Assad. Außenminister Adnan
Mansur sagte dem Radiosender Al-Nur am Mittwoch, seine Regierung lehne die
Syrien-Erklärung der Arabischen Liga von vergangener Woche ab. Die
Liga-Staaten hatten darin ein Ende des Blutvergießens in Syrien gefordert.
Mansur erklärte: "Der Libanon steht brüderlich zu Syrien."
Unterdessen schockiert ein von arabischen Medien veröffentlichtes Video die
Sympathisanten der syrischen Opposition. Die Aufnahme zeigt ein totes Kind.
Den Angaben zufolge war der etwa zwölf Jahre alte Junge von den
Sicherheitskräften auf bestialische Weise getötet worden. Unabhängige
Informationen zur Todesursache und zur Identität des Kindes lagen nicht
vor. Nach Angaben von Aktivisten wurden seit Dienstag vier Zivilisten von
den Regierungstruppen getötet und Dutzende festgenommen.
## USA verschärfen Sanktionen
Die USA haben ihre Sanktionen gegen Syrien verschärft. Die US-Regierung
fror am Dienstag Vermögen von Syriens Außenminister Walid al-Mualem, der
Sprecherin von Präsident Baschar al-Assad, Buthaina Schaaban, und des
syrischen Botschafters im Libanon, Ali Abdul Karim Ali, ein. Zudem verbot
das US-Finanzministerium US-Bürgern Geschäfte mit ihnen. Sie zählten zu den
Verfechtern des Regimes, hieß es zur Begründung. Mit den Sanktionen erhöhen
die USA den Druck auf Präsident Assad, der auf die Forderung von
Demonstranten nach seinem Abgang mit Härte reagiert.
Einen amtierenden Außenminister mit Sanktionen zu belegen ist ungewöhnlich.
Mualem sei für die Gewalt in Syrien mit verantwortlich, hieß es in
US-Regierungskreisen zur Begründung.
Ermutigt durch den Erfolg in Libyen haben die Regierungsgegner in Syrien
die Taktfrequenz ihrer Proteste zuletzt erhöht. Am Dienstag strömten
Demonstranten im Anschluss an die Gebete zum Ende des Fastenmonats Ramadan
auf die Straße. Soldaten erschossen Aktivisten zufolge mindestens vier
Zivilisten, darunter einen 13-jährigen Jungen. Seit Beginn der
Demonstrationen im März wurden nach Berichten von Menschenrechtlern
mindestens 3100 Zivilisten durch Soldaten oder Assad-treue Milizen getötet.
Die Regierung hat ausländische Journalisten des Landes verwiesen, was eine
Überprüfung der Angaben erschwert.
## Sieben Tote bei Ramadan-Feiern
Am Rande der Feiern zum Ende des Fastenmonats Ramadan hat es in Syrien nach
Angaben von Oppositionsaktivisten mehrere Tote gegeben. Mindestens sieben
Menschen seien nach dem Ende der Gebete zum Fest Eid el Fitr bei Protesten
getötet worden, teilte das oppositionelle Koordinationskomitee am Dienstag
mit. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verurteilte die "brutale
Repression" von Regierungskritikern scharf.
Es habe in mehreren Städten nach den Gebeten zu Eid el Fitr, mit dem das
Ende des Ramadan gefeiert wird, Proteste gegeben, erklärte das
Koordinationskomitee. Sicherheitskräfte hätten in El Harra und Inchil nahe
der Protesthochburg Daraa insgesamt sechs Menschen getötet. Ein weiterer
Zivilist sei in der zentralsyrischen Stadt Homs getötet worden. Die
Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von drei Toten in El
Harra.
Nach Angaben des Koordinationskomitees gab es eine "riesige" Demonstration
vor der Moschee El Omari in Daraa. Auch in den nahegelegenen Dörfern Dael
und Nawa habe es große Protestmärsche gegeben. Beide Organisationen
berichteten zudem von Demonstrationen in Aleppo im Norden, Deir Essor im
Osten sowie in den Küstenstädten Lattakia und Baida. Dort seien 30 Menschen
festgenommen worden und die Sicherheitskräfte hätten das Feuer auf die
Menge eröffnet.
31 Aug 2011
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