# taz.de -- Proteste in Syrien: Assad düpiert Arabische Liga | |
> Den Aufruf der Arabischen Liga zu einem Ende des Blutvergießens weist das | |
> Regime als Einmischung zurück. Moskau startet einen Vermittlungsversuch, | |
> derweil das Militär die Stadt Rastan einkreist. | |
Bild: Syriens Botschafter bei der Arabischen Liga, Yousef al-Ahmed, hat gerade … | |
DAMASKUS/TEHERAN/KAIRO dpa/afp | Der internationale Druck auf Syrien | |
wächst, das Regime in Damaskus bleibt dennoch bei seiner harten Linie. | |
Neben der Arabischen Liga wollte auch Moskau im Gespräch mit dem syrischen | |
Staatschef Baschar al-Assad ein Ende des gewaltsamen Vorgehens der | |
Sicherheitskräfte gegen Demonstranten erreichen. Die Bemühungen trugen | |
zunächst keine Früchte. Im Gegenteil: Am Montag wurde eine weitere Hochburg | |
der Opposition eingekesselt. Die syrische Opposition schloss unterdessen | |
ihre Reihen, bildete einen Nationalen Übergangsrat. | |
Die syrische Führung wies am Montag einen Aufruf der Arabischen Liga zu | |
einem Ende des Blutvergießens beim Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen | |
Demonstranten schroff zurück. Das Dokument der Arabischen Liga stelle einen | |
"klaren Verstoß" gegen die Prinzipien der Organisation dar und sei zudem | |
"inakzeptabel und voreingenommen", berichtete der arabische Sender | |
Al-Dschasira am Montag über die Reaktion der syrischen Führung auf das | |
Papier, das die Liga in der Nacht zum Sonntag bei einer Sondersitzung | |
verabschiedet hatte. | |
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, wartete | |
unterdessen weiter auf Grünes Licht aus Damaskus. Im Auftrag der | |
Organisation wollte er in direkten Gesprächen mit der syrischen Führung ein | |
Ende des Blutvergießens erwirken. Der Besuch war nach ersten Berichten | |
schon am Sonntag geplant, wird jetzt aber erst frühestens Ende der Woche | |
nach dem Fest Eid al-Fitr, mit dem das Ende des Fastenmonats Ramadan | |
gefeiert wird, erwartet. | |
## Russland vermittelt, Türkei rückt ab | |
Am Montag wurde der russische Vize-Außenminister Michail Bogdanow in | |
Damaskus erwartet. Er soll die Appelle der internationalen Gemeinschaft an | |
die syrische Führung vorbringen, um ein sofortiges Ende des Blutvergießens | |
zu erreichen. Russland gilt als enger Verbündeter Syriens und hat bisher | |
scharfe Resolutionen des Weltsicherheitsrats abgeblockt. | |
Die Türkei rückte inzwischen vom Nachbarn Syrien ab, da Ankara angesichts | |
des brutalen Vorgehens syrischer Regierungskräfte gegen Regimegegner jedes | |
Vertrauen in Präsident Baschar al-Assad verloren hat. Der türkische | |
Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan | |
hätten Assad zudem aufgefordert, die Einsätze gegen Demonstranten zu | |
beenden, wenn er nicht das Schicksal der früheren Machthaber in Libyen und | |
Ägypten teilen wolle, berichteten türkische Zeitungen am Montag. | |
Gül sagte zu den von Ankara in den vergangenen Monaten vergeblich | |
geforderten demokratischen Reformen in Syrien: "Wir sind nun an dem Punkt, | |
wo alles zu wenig ist, zu spät kommt. Wir haben das Vertrauen verloren." | |
Erdogan sagte, ein Regime, das unbewaffnete Menschen mit brutaler Gewalt | |
töte, könne keinen Bestand haben. | |
## Rastan vollständig eingekreist | |
Syrische Sicherheitskräfte gingen am Montag weiterhin gewaltsam gegen | |
oppositionelle Demonstranten vor. Im Mittelpunkt stand die zentralsyrische | |
Stadt Rastan, wie Aktivisten im Internet berichteten. Die Stadt wurde nach | |
diesen Angaben vollständig eingekreist, die Truppen bereiteten sich auf | |
eine Erstürmung vor. In Rastan gab es zuletzt massive Demonstrationen gegen | |
das Regime von Staatschef Assad. Bei Einsätzen der syrischen | |
Sicherheitskräfte gegen die Opposition wurden am Sonntag zwölf Menschen | |
getötet, wie Al-Dschasira berichtete. | |
Nach UN-Schätzungen sind seit März etwa 2200 Menschen bei den Protesten im | |
Land ums Leben gekommen, davon mehr als 350 seit Anfang August. Auch in der | |
Hauptstadt Damaskus nehmen die Proteste gegen Assad zu. Ein führender | |
Aktivist der syrischen Opposition hatte am Wochenende erklärt, Regimegegner | |
müssten angesichts der Gewalt durch den Sicherheitsapparat nun selbst zu | |
den Waffen greifen. | |
Nach dem Vorbild der Aufständischen in Libyen bildete die syrische | |
Opposition am Montag einen Nationalen Übergangsrat, allerdings vorerst im | |
Exil in der Türkei. Von den 94 Mitgliedern des Rats seien 42 in Syrien, | |
berichtete Al-Dschasira. Zum Vorsitzenden des Rats wurde der prominente | |
Oppositionelle Burhan Ghalioun bestimmt, der an der Pariser Sorbonne | |
unterrichtet. | |
Der Iran wies unterdessen indirekte Vorwürfe der Europäischen Union über | |
eine angebliche Verstrickung in das Blutvergießen in Syrien als "Lügen" | |
schroff zurück. Die Regierung Syriens und das Volk seien reif genug, ihre | |
eigenen Angelegenheiten und Probleme ohne Einmischung der EU zu regeln, | |
erklärte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast in Teheran. Die EU hatte im | |
Juni ihre Sanktionen gegen das Assad-Regime verschärft und dabei unter | |
anderem drei Befehlshaber der iranischen Revolutionsgarden mit einem | |
Einreiseverbot belegt. Sie sollen die syrischen Sicherheitskräfte für die | |
gewaltsame Unterdrückung der Opposition mit ausgebildet haben. | |
## EU-Länder einigen sich auf Ölembargo gegen Syrien | |
Angesichts der anhaltenden Repressionen gegen Oppositionelle in Syrien | |
haben sich die EU-Länder im Grundsatz auf ein Ölembargo gegen das Land | |
geeinigt. Eine juristische Expertengruppe bestätigte am Montag in Brüssel | |
einen entsprechenden politischen Beschluss, wie mehrere EU-Diplomaten der | |
Nachrichtenagentur afp sagten. Mit einem offiziellen Beschluss der | |
Strafmaßnahmen gegen die Regierung in Damaskus könne Ende der Woche | |
gerechnet werden. | |
29 Aug 2011 | |
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