| # taz.de -- Ersatzkraftwerke in der Energiewende: In Zukunft Geld fürs Rumsteh… | |
| > Investoren zögern mit dem Bau neuer Gas- oder Kohlekraftwerke. Die | |
| > Betreiber wollen Milliardensubventionen, aber die Politik ist skeptisch. | |
| Bild: Geld vom Staat, auch wenn der Schornstein nicht raucht? Die Energiewende … | |
| BERLIN taz | Für Energiemanager, die ein neues Gas- oder Kohlekraftwerk | |
| bauen möchten, war der Ruf nach Subventionen selten so aussichtsreich wie | |
| in diesen Tagen. Denn mitten in der Energiewende sind ihre CO2-Schleudern | |
| wieder gefragt: Die Ökobranche wünscht sich flexibel regelbare Kraftwerke, | |
| die einspringen, wenn Sonne oder Wind schwächeln. Nach dem Abschalten der | |
| ersten acht Atommeiler ist die Angst vor Stromausfällen so groß wie nie | |
| zuvor. | |
| Doch die Energieunternehmen halten sich mit dem Bau von Ersatzkraftwerken | |
| zurück. "Der heutige Markt bietet dafür keine Anreize", sagte Dominic | |
| Nailis von der Unternehmensberatung BET am Mittwoch in Berlin. Sein Büro | |
| hatte für den Bundesverband Neuer Energieanbieter (BNE) ausrechnen lassen, | |
| was unter Ökonomen keine Einzelmeinung ist: Der Bau flexibel regelbarer | |
| Gas- und Steinkohlekraftwerke rechnet sich derzeit nicht. | |
| Weil immer mehr Ökoenergie in die Netze drängt, werden fossile Meiler | |
| künftig häufiger stillstehen. An der Strombörse können die Investoren ihre | |
| Kosten deshalb möglicherweise nicht erwirtschaften. Es könnte also mehr | |
| Geld für die Kraftwerkbauer nötig werden, wenn sie Neubauten errichten | |
| sollen. | |
| Die Lösung für einige Ökonomen dafür sind "Kapazitätsmärkte". Investoren | |
| würden dafür bezahlt, dass sie Erzeugungskapazität für den Notfall vorrätig | |
| halten, auch wenn ihre Kraftwerke fast immer stillstehen. "Kapazitätsmärkte | |
| sind eine Erneuerbare-Energien-Ausfallversicherung", warb | |
| BNE-Geschäftsführer Robert Busch für die neuen Subventionen. Der | |
| Energiemarkt ist im Umbruch: In Süddeutschland werden in den nächsten zehn | |
| Jahren Kraftwerke mit einer Leistung von 14 Gigawatt stillgelegt, geplant | |
| sind hingegen neue Anlagen mit nur 4 Gigawatt. | |
| ## "Wir müssen uns etwas einfallen lassen" | |
| Am liebsten wäre den Anbietern ein Auktionsmodell: Eine unabhängige Stelle | |
| soll fünf Jahre im Voraus den Bedarf an Kraftwerken analysieren und | |
| öffentlich ausschreiben. Den Zuschlag erhält das günstigste Gebot, die | |
| Kosten im Milliardenbereich würden auf alle Stromkunden umgelegt. | |
| Die Bundesregierung will Kapazitätsmärkte prüfen und zunächst direkte | |
| Subventionen an Stadtwerke und kleinere Energieanbieter zahlen. In den | |
| Haushaltsberatungen wird um bis zu 650 Millionen Euro aus dem Energie- und | |
| Klimafonds verhandelt. "Wenn wir uns den Bedarf ansehen und Gaskraftwerke | |
| bauen wollen, wird das nicht ausreichen", sagte Jörg Spicker, Vorstand des | |
| Kraftwerksbetreibers Alpiq. | |
| Die Aufsichtsbehörden sehen das Problem: "Wir müssen uns rasch etwas | |
| einfallen lassen", sagte Johannes Kindler, Vizepräsident der | |
| Bundesnetzagentur. Die Lösung seien aber nicht zwingend neue Kraftwerke, | |
| sondern zunächst andere Lösungen: Kraftwerke etwa könnten bei Engpässen für | |
| ein paar Stunden die Maschinen drosseln. | |
| Noch skeptischer gab sich Franzjosef Schafhausen vom | |
| Bundesumweltministerium: Dass fossile Kraftwerke ihre Kosten künftig nicht | |
| mehr erwirtschaften, sei nur eine Vermutung. Zunächst müssten die | |
| Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern abgewartet werden, ergänzte | |
| Detlef Dauke vom Bundeswirtschaftsministerium. Vor dem Atomausstieg hätten | |
| Energieunternehmen noch darüber geklagt, dass milliardenschwere | |
| Kraftwerkbauten durch die Laufzeitverlängerung nicht umgesetzt würden. "Wo | |
| sind die jetzt?" | |
| 7 Sep 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Manuel Berkel | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Atomkraft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Stromknappheit: Energiehunger frisst Kaltreserven | |
| Kaum Wind, wenig Sonne: Erstmals müssen deutsche Netzbetreiber auf | |
| Reservekraftwerke im eigenen Land zurückgreifen. Liegt das am Atomausstieg? | |
| Neuer Präsident der Bundesnetzagentur: Röslers Wunschkandidat | |
| Über die Besetzung dieses Spitzenpostens war lange spekuliert worden. Nun | |
| soll ein parteiloser Experte an die Spitze der Bundesnetzagentur rücken. | |
| Reaktion auf Fukushima: Siemens steigt aus Atomgeschäft aus | |
| Das Kapitel Kernkraft ist für Siemens abgeschlossen. Das sagte | |
| Unternehmenschef Löscher in einem Interivew. Die Energiewende in | |
| Deutschland bezeichnete er als Jahrhundertprojekt. | |
| Energieversorgung: Grüne schlagen Kohle-Alarm | |
| Die Grünen befürchten, dass Berlins letztes Braunkohlekraftwerk länger am | |
| Netz bleibt als vorgesehen. Schuld sei Rot-Rot. Vattenfalls betreitet | |
| Verlängerungspläne. | |
| Jochen Flasbarth über Gasgewinnung: "Wettlauf um den Untergrund" | |
| Der Präsident des Umweltbundesamts will mehr Informationen über die | |
| Auswirkungen des Frackings. Gefahren für die Umwelt sieht er in allen | |
| Phasen der Technologie. | |
| Debatte Energiewende: Die Zukunft beginnt jetzt | |
| Welche Energiewende wollen wir? Die vier entscheidenden Streitfragen müssen | |
| schleunigst diskutiert werden. Sonst drohen Preisanstiege und | |
| Stromausfälle. | |
| Fortschritte bei Stromspeicherung: Wie man Sonne und Wind festhält | |
| Künftig wird Strom nicht mehr produziert, wenn wir ihn brauchen, sondern so | |
| erzeugt, wie Wind und Wetter es zulassen. Dann muss er gespeichert werden. | |
| Nur wie? |