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# taz.de -- China als Retter des Euro: Hilfe gegen das heiße Geld
> Nach Spanien und Portugal bittet jetzt auch Italien um Hilfe aus Fernost.
> Aber ist es nicht gefährlich, wenn China in Massen europäische Anleihen
> kauft?
Bild: Es geht nichts mehr ohne dem Finanzplatz Peking.
BERLIN taz | Nachdem bereits die pleitebedrohten Portugiesen, Spanier und
Griechen das Angebot der Chinesen dankbar angenommen haben, einen Teil
ihrer Schulden mit Knete aus China zu finanzieren, bettelt jetzt die
italienische Regierung die kommunistische Führung in Peking an.
Die Financial Times berichtet, dass sich italienische Regierungsvertreter
in der vergangenen Woche mit Abgesandten des Staatsfonds China Investment
Corp. (CIC) in Rom getroffen haben. Sie sollen ganz konkret ihre Gäste
darum gebeten haben, italienische Schulden zu übernehmen.
Ausgerechnet Italien, das Mutterland der europäischen Hochkultur, könnte
demnächst finanziell also abhängig werden von der aufstrebenden Großmacht
China? Droht nun schon der Ausverkauf des kriselnden Europas an die
Chinesen? So manch einer vermutet gar, dass sich die Europäer mit so einem
Vorgehen politisch erpressbar machen könnten.
Nun ist nicht völlig von der Hand zu weisen, dass sich der eine oder andere
patriotisch gesinnte Regierungsbeamte im fernen Peking zumindest ein
bissschen vor Schadenfreude die Hände reibt. Immerhin hatten die einst so
skrupellosen Europäer mehr als 100 Jahre das Reich der Mitte beherrscht.
Für einige Chinesen sind die Wunden noch immer nicht ganz verheilt. Endlich
müssen die einstigen Herrscher um die Gunst buhlen.
Doch diese Vorstellung ist ein Irrglaube. Nicht zuletzt die chinesische
Führung hat erkannt, dass die Krisen in der Eurozone und den USA auch
längst ihre Wirtschaft in Mitleidenschaft zieht - auch weil sie viel in
diese Region exportiert.
So haben die chinesischen Hilfsangebote nur wenig mit Güte oder
Selbstlosigkeit zu tun. China hilft Europa, um sich selbst zu helfen.
Denn: In den vergangenen zehn Jahren hat Chinas Zentralbank gigantische
Währungsreserven angehäuft. Ein Großteil der geschätzten 1,3 Billionen Euro
steckt zwar noch immer in US-Staatsanleihen.
## Alternativen gesucht
Doch spätestens seit dem Schuldenstreit zwischen Republikanern und
Demokraten, der insgesamt lahmenden US-Konjunktur und dem sinkenden Dollar
ist den Chinesen ihre einseitige Fixierung auf die USA selbst unheimlich
geworden. Die chinesische Zentralbank sucht nach Alternativen für ihren
Währungsschatz.
Doch wohin mit so viel Geld? Egal in welche Aktien sie das Vermögen auch
stecken würde - bei so gehörigen Summen würde sie stets die Preise nach
oben treiben und zur Entwicklung neuer Blasen beitragen. Da gelten
Staatsanleihen aus den alten Industrieländern trotz der Krisen nach wie vor
als die sichersten Varianten.
Deswegen hat Peking bereits Ende des vergangenen Jahres mehrfach
angekündigt, dass man verstärkt Schulden der unter Druck geratenen
Euroländer aufkaufen wolle. Das haben die Chinesen auch schon getan.
## Wohin mit dem heißen Geld?
Es wird vermutet, dass schätzungsweise ein Viertel der chinesischen
Währungsreserven bereits in Euro-Anleihen investiert sind. Ein Wertverlust
des Euro schmälert daher auch unmittelbar den chinesischen Schatz.
Zugleich steht China vor einem noch sehr viel größerem Problem: Weil es
eben in den USA und in Europa kriselt, kursieren derzeit Mengen von
sogenanntem heißen Geld, also Spekulationsgeld, das weltweit auf der Suche
nach kurzfristig renditeträchtigen Anlagen ist. Und weil China boomt, haben
es Spekulanten auf Anlagen aus China abgesehen.
Trotz Kapitalzuflusskontrollen weiß sich Peking immer weniger zu wehren
gegen diese Geldattacken aus dem In- und Ausland. Das treibt die Preise in
China. Der Immobilienmarkt ist bereits überhitzt, und auch die
Inflationsrate ist zu hoch.
## Alle in einem Boot
Insofern ist Chinas Regierung daran interessiert, dass sich die Märkte in
Europa und den USA schnell wieder beruhigen. Das Augenmerk der Anleger soll
sich wieder auf andere Länder und Regionen richten.
Aber könnte Chinas wachsender Einfluss nicht dennoch gefährlich werden für
Europa? Nein, im Gegenteil. Die Chinesen haben ein ebenso großes Interesse
an einem stabilen Europa wie die Europäer selbst. Wenn unsere Wirtschaft
kollabiert, ist auch das Geld der Chinesen weg. Längst sitzen alle in einem
Boot.
13 Sep 2011
## AUTOREN
Felix Lee
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