# taz.de -- Chinesische Dissidentin: Neun Monate Haft für Bürgerrechtlerin | |
> Die chinesische Bürgerrechtlerin Wang Lihong ist am Freitag zu neun | |
> Monaten Haft verurteilt worden – wegen Unruhestiftung. Der Prozess hatte | |
> international heftige Kritik ausgelöst. | |
Bild: Muss neun Monate ins Gefängnis: Wang Lihong. | |
PEKING dpa | Ungeachtet internationaler Proteste ist die bekannte | |
chinesische Bürgerrechtlerin Wang Lihong am Freitag zu neun Monaten Haft | |
verurteilt worden. Ein Volksgericht in Peking befand die 55-Jährige der | |
Unruhestiftung für schuldig. Ein Großaufgebot von Polizei in Uniform und | |
Zivil riegelte das Gericht ab. Viele Unterstützer waren bereits im Vorfeld | |
abgefangen worden. Vergeblich versuchten zehn ausländische Diplomaten, | |
darunter auch eine deutsche Vertreterin, an der Urteilsverkündung | |
teilzunehmen. | |
Die 55-jährige Bürgerrechtlerin war im Frühjahr beim Vorgehen der | |
Staatssicherheit gegen befürchtete "Jasmin-Proteste" nach arabischem | |
Vorbild in Haft genommen worden. Wang Lihong hatte sich einen Namen für | |
ihren couragierten Einsatz für Bürgerrechte gemacht. Die Anklage gegen die | |
frühere Geschäftsfrau bezog sich auf einen Protest im April 2010 vor einem | |
Gericht in Fuzhou in Südostchina, das damals drei Internetaktivisten zu ein | |
bis zwei Jahren Haft verurteilt hatte. | |
Wie schon bei der Verhandlung am 12. August konnten auch an der | |
Urteilsverkündung keine Diplomaten teilnehmen. "Wir wurden sofort | |
abgefangen", sagte ein Diplomat. "Uns wurde gesagt, dass es keinen Platz im | |
Gerichtssaal gibt." Neben Deutschland und der EU hatten auch Österreich, | |
Großbritannien, Tschechien, Schweden, Norwegen, die USA, Kanada und | |
Australien Vertreter entsandt. Der Sohn von Wang Lihong, Qi Jianxiang, | |
bedankte sich im Namen seiner Mutter bei den Diplomaten für die | |
Unterstützung. | |
## "Schlimmeres befürchtet" | |
Bei der Strafe wird die Zeit angerechnet, die Wang Lihong bereits in Haft | |
gehalten worden war. Offizieller Haftbeginn ist deshalb der 21. April. | |
Seine Mutter müsse jetzt noch vier Monate im Frauengefängnis des Pekinger | |
Bezirks Chaoyang absitzen, berichtete der Sohn. Sie habe in Haft | |
abgenommen, sei aber in guter körperlicher Verfassung. | |
Da Wang Lihong sogar bis zu fünf Jahre Haft drohten, wirkte das Urteil | |
vergleichsweise milde. "Wir hatten Schlimmeres befürchtet", sagte ein | |
Diplomat der dpa. "Es ist unklar, was dieses Urteil motiviert hat." Die | |
Frage sei auch, was nach ihrer Haftentlassung passiere, sagte der Diplomat | |
unter Hinweis auf die häufige Praxis, Bürgerrechtler oder auch Angehörige | |
unter Hausarrest zu halten. | |
Menschenrechtsgruppen kritisierten den Prozess, der von schweren | |
Verfahrensfehlern überschattet gewesen sei. Amnesty International wies | |
darauf hin, dass Wang Lihong nur ihre verfassungsgemäßen Rechte ausgeübt | |
habe. Auch der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning hatte ihre | |
sofortige Freilassung gefordert. "Sowohl die Vorwürfe gegen Wang Lihong als | |
auch die unangemessen lange Untersuchungshaft erwecken den Eindruck | |
politischer Verfolgung", sagte Löning nach dem Prozess. China müsse endlich | |
die Meinungs- und Versammlungsfreiheit seiner Bürger respektieren. | |
9 Sep 2011 | |
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