# taz.de -- Krieg in Libyen: Sturm auf Gaddafi-Hochburgen | |
> Die Rebellen sind in die Städte Bani Walid und Sirte eingedrungen. | |
> Angeblich sollen sie den Regierungssprecher Gaddafis bei Gefechten | |
> getötet haben. Derweil besucht Türkeis Premier Erdogan Tripolis. | |
Bild: Libysche Rebellen auf dem Weg nach Bani Walid. | |
BANI WALID/TRIPOLIS dapd/rtr/dpa/afp | Die libyschen Rebellen sind am | |
Freitag in die Gaddafi-Hochburg Bani Walid eingedrungen. Die Kämpfer | |
strömten von Norden her mit Dutzenden Lastwagen ins Ortszentrum, wie ein | |
Reporter der Nachrichtenagentur AP sah. Auf den Ladeflächen waren schwere | |
Waffen montiert. Explosionen und Schüsse waren zu hören. Einer der Kämpfer, | |
Hischam Nseir, erklärte, Anhänger des gestürzten Machthabers Muammar al | |
Gaddafi leisteten heftigen Widerstand. Bani Walid liegt rund 140 Kilometer | |
südöstlich von Tripolis. | |
Die libyschen Rebellen haben auch ihren seit Wochen angekündigten Kampf um | |
Gaddafis Heimatstadt Sirte begonnen. Ein Militärsprecher der Rebellen | |
erklärte am Freitag, die "Revolutionäre" hätten in den Außenbezirken der | |
Küstenstadt seit Donnerstag zahlreiche Kämpfer der Gaddafi-Truppen getötet. | |
Auch drei Kämpfer der Aufständischen-Armee seien ums Leben gekommen. | |
Die libysche Zeitung Qurayna al-Jadida meldete auf ihrer Website, bei den | |
Kämpfen in Sirte sei auch der Regierungssprecher des Gaddafi-Regimes, Mussa | |
Ibrahim, getötet worden. Dies wurde jedoch von den Rebellen zunächst nicht | |
offiziell bestätigt. Ibrahim hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach | |
mit Durchhalteparolen zu Wort gemeldet. Er hatte erklärt, Gaddafi sei bei | |
bester Gesundheit und bereite die Rückeroberung Libyens vor. | |
Der Sprecher, der für die Rebellen aus der Stadt Misrata sprach, erklärte, | |
an der Operation in Sirte seien auf ihrer Seite 5000 Kämpfer beteiligt. | |
Diese seien von mehreren Seiten in die Stadt vorgedrungen und hätten sich | |
anschließend aus taktischen Gründen wieder zurückgezogen. | |
Die Aufständischen hatten die Einwohner der noch von den Gaddafi-Truppen | |
kontrollierten Städte Sirte und Bani Walid zuerst aufgefordert, die Waffen | |
niederzulegen, um eine friedliche Übergabe der Stadt an den Übergangsrat zu | |
garantieren. Diese Verhandlungen führten jedoch zu keinem Ergebnis. Auch | |
die Stadt Sebha im Süden Libyens ist noch nicht unter der Kontrolle des | |
Übergangsrates. | |
Derweil ist der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan nach einem | |
Bericht von CNN Türk am Freitag zu einem Besuch in Libyens Hauptstadt | |
Tripolis eingetroffen. Die Visite ist Teil von Erdogans Reise durch die | |
Staaten Nordafrikas, um nach den jüngsten Umwälzungen den türkischen | |
Einfluss in der Region zu sichern. Zuvor war der Regierungschef bereits in | |
Ägypten und Tunesien, wo die langjährigen Machthaber durch einen | |
Volksaufstand gestürzt worden waren. | |
## | |
Großbritannien hat dem UN-Sicherheitsrat offenbar eine Resolution | |
vorgelegt, die eine weitgehende Aufhebung von gegen Libyen verhängten | |
Sanktionen vorsieht. Das Papier solle in dem Gremium am Freitag diskutiert | |
werden, sagte ein westlicher UN-Diplomat. Die Resolution sichert der neuen | |
libyschen Führung die Freigabe von im Februar und März eingefrorenen | |
zweistelligen Milliardenbeträgen zu. Auch sieht es Erleichterungen für | |
Unternehmen des Ölsektors, für die libysche Zentralbank und für weitere | |
Kreditinstitute vor. | |
Eine vollständige Aufhebung des gegen Libyen verhängten Waffenembargos | |
sieht die Resolution zwar nicht vor, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen | |
Sicherheit soll der Nationale Übergangsrat aber auch wieder Waffen | |
einführen dürfen. Zudem wird in dem Papier die Einrichtung einer UN-Mission | |
in Libyen für zunächst drei Monate vorgeschlagen. Diese soll politische | |
Aufgaben wahrnehmen und die neue Führung beispielsweise beim Aufbau eines | |
Rechtssystems, bei der Ausarbeitung einer Verfassung und bei anstehenden | |
Wahlen unterstützen. | |
Die Chancen auf eine Annahme des Papiers durch den Sicherheitsrat stehen | |
nach Angaben des Diplomaten inzwischen gut. Auch Vertreter der Vetomächte | |
China und Russland signalisierten Zustimmung. Kritik war im Vorfeld vor | |
allem auch von den temporären Sicherheitsratsmitgliedern Südafrika, | |
Brasilien und Indien gekommen. Sie verurteilten den NATO-Lufteinsatz in | |
Libyen und die über dem Land eingerichtete Flugverbotszone, die der | |
Resolution zufolge gelockert, aber nicht vollständig aufgehoben werden | |
soll. | |
16 Sep 2011 | |
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