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# taz.de -- Kommentar Übergangsregierung Libyen: Keine Angst vor der Scharia
> Die Scharia soll wichtigste Quelle der Gesetzgebung in Libyen werden. Das
> klingt schlimm - ist es aber nicht. Mustafa Abdul Dschalil will sie zur
> Demokratisierung nutzen.
Wenn der Vorsitzende des Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, bei seiner
ersten Rede in Tripolis ankündigt, im neuen Libyen werde die Scharia "die
wichtigste Quelle der Gesetzgebung" sein, klingt das für viele wie eine
Drohung. Gibt das nicht all jenen Skeptikern recht, die fürchteten, nach
Gaddafi könnten in Libyen reaktionäre Kräfte ans Ruder kommen, die einen
islamischen Staat errichten wollen?
Nein, keineswegs, denn einen harten Bruch mit der Gaddafi-Ära stellt
Dschalils Ankündigung in diesem Punkt nicht dar - da wiegen seine
Versprechen bezüglich Rechtsstaatlichkeit und Demokratie schwerer. Schon
Gaddafis offiziell propagierte Ideologie, die er in seinem "grünen Buch"
dargelegt hatte, stützte sich auf den Islam, der in Libyen bisher
Staatsreligion war. Dschalil dürfte es jetzt vor allem darum gehen,
übereifrige Islamisten in seinem Übergangsrat in die Schranken zu weisen -
und damit auf einen möglichst glatten Übergang zur Demokratie hinzuwirken.
Die Scharia ist dabei nicht das Problem - entscheidend ist, wie sie
ausgelegt und angewandt wird. In den meisten arabischen Ländern beschränkt
sich ihr Einfluss auf das Familien- und Erbrecht. Das geht oft zulasten von
Frauen und religiösen Minderheiten. Von Dschalil, der schon als
Justizminister unter Gaddafi im Ruf stand, sich für Menschenrechte
einzusetzen, kann man erwarten, dass er fortschrittliche Gesetze bewahrt
und eine Versöhnung von islamischem Recht mit Demokratie und Rechtsstaat
für alle anstrebt. Doch für Frauen und Minderheiten könnte es in der Praxis
trotzdem zu Rückschritten kommen.
Fast wie Ironie mutet an, dass der türkische Ministerpräsident Erdogan -
der im Ruf steht, ein in der Wolle gefärbter Islamist zu sein - zur
gleichen Zeit in Ägypten für das türkische Modell des Laizismus warb. Eine
solche strikte Trennung von Staat und Religion wäre auch für Libyen das
Beste. Aber so revolutionär sind Libyens Rebellen dann offenbar doch nicht.
14 Sep 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
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