# taz.de -- Facebook speichert sogar Gelöschtes: 1.200 Seiten voller Personend… | |
> Ein Student hat bei Facebook eine Liste seiner Daten eingefordert. Er | |
> bekam 1.200 DIN A4-Seiten – darin enthalten sogar alte Nachrichten, Chats | |
> und gelöschte Daten. | |
Bild: Das gefällt langsam gar nicht mehr. | |
BERLIN taz | Wer erinnert sich schon genau daran, was in den letzten Jahren | |
alles passiert ist? Wohl niemand: Das menschliche Gehirn schützt seinen | |
Besitzer sehr effektiv vor Datenüberflutung – und vergisst. Ganz anders das | |
Netzwerk Facebook. | |
Facebook erinnert sich an alles – und das erheblich genauer, als selbst | |
viele Kritiker befürchtet haben. Wie jetzt bekannt wurde, liegen auf den | |
Servern des Internetkonzerns nicht nur persönliche Angaben wie Name, | |
Adresse, Geburtstage, Kommentare und Nachrichten. Auch Angaben, die | |
Facebook-Mitglieder schon vor Jahren aus ihrem Profil gelöscht haben, | |
bleiben gespeichert – obwohl sie nicht einmal für den Besitzer des Profils | |
noch sichtbar sind. | |
Eine Wiener Initiative "[1][Europe v Facebook]" um den Jura-Studenten Max | |
Schrems hat das Unternehmen deshalb bei der irischen Datenschutzbehörde | |
angezeigt. Denn die europäische Tochter der Sozialen Netzwerkes, Facebook | |
Europe Ltd, sitzt in Irland. | |
Schon jetzt gibt es einen offiziellen Weg, wie sich Facebook-Mitglieder | |
ihre gespeicherten Daten herunterladen können – und das recht einfach über | |
eine Funktion auf Facebook namens "Lade eine Kopie deiner Facebook-Daten | |
herunter" in den "Kontoeinstellungen". | |
In den Angaben, die dabei herauskommen, findet sich nur ein kleiner Teil | |
dessen, was Facebook speichert. Der Konzern bunkert viel mehr Daten auf | |
seinen Servern, wie der Wiener Student Schrems feststellen musste. | |
Er war auf einem anderen Weg an die über ihn gesammelten Daten gekommen: | |
Über ein verstecktes, [2][umständlich auszufüllendes Formular] musste er | |
unter anderem eine Kopie seiner Ausweispapiere hochladen. Nach mehreren | |
Wochen lag eine Brief aus den USA im Postkasten. Der Inhalt: eine CD-ROM, | |
darauf über 1200 DIN A4-Seiten mit seinen persönlichen Daten. Und darin | |
fanden sich auch Chatprotokolle, Nachrichten und gelöschte | |
Pinnwandeinträge. | |
Dass diese Speicherwut überhaupt öffentlich wurde, liegt im EU-Recht | |
begründet. Weil Facebook Europe in Irland sitzt, muss das Unternehmen | |
seinen europäischen Nutzern auf Anfrage innerhalb von 40 Tagen Auskunft | |
über gespeicherte Daten erteilen. | |
## Wichtige Daten fehlen immer noch | |
Was Max Schrems in den 1.200 Seiten aber nicht fand, waren die | |
möglicherweise auch von ihm gespeicherten biometrischen Angaben und eine | |
Übersicht über Internetseiten, die der 23-Jährige über Facebooks | |
"Like-Button" angeklickt hatte. Denn auch das speichert die Datenkrake | |
Facebook so oft es geht. | |
Jura-Student Schrems mahnte auch diese Informationen an. Am Mittwoch nun | |
hat Facebook reagiert: Die fehlenden Daten will das Unternehmen weiterhin | |
nicht preisgeben, [3][zitiert Blogger Richard Gutjahr] aus dem ihm | |
vorliegenden Antwortschreiben. Bei den vorenthaltenen Daten handele es sich | |
um "Firmengeheimnisse und intellektuelles Eigentum", heißt es in dem | |
Schreiben. | |
Facebook selbst geht davon aus, dass die zur Verfügung gestellten 1.200 | |
Seiten den Anforderungen des EU-Datenschutzrechtes genügen. "Es ist daher | |
unsinnig zu behaupten, dass wir nicht bereit seien, ihm seine persönlichen | |
Daten zu geben", sagte ein Facebook-Sprecher zu taz.de. | |
Zugleich fühlt sich Facebook nun nicht mehr an die 40-tägige gesetzliche | |
Frist zur Datenherausgabe gebunden. Begründung: Zu viele Nutzer hätten ihre | |
Daten angefordert, man sei überlastet. | |
## 22 Anzeigen gegen Facebook in Irland | |
Unterdessen untersuchen die Behörden in Irland, ob Facebook mit seiner | |
Speicherpraxis gegen EU-Richtlinien verstoßen hat. "Europe v Facebook" | |
hatte Anfang September [4][Anzeige in 22 Punkten gegen das Unternehmen | |
erstattet]. | |
Die Initiative teilte die Anzeigen auf verschiedene Aspekte auf. So | |
bemängelt die Gruppe um Max Schrems unter anderem die Gesichtserkennung, | |
Synchronisierungen und den "Like-Button". Alle Anzeigen hat "Europe v | |
Facebook" [5][öffentlich gemacht]. | |
Die irischen Behörden hatten daraufhin eine Betriebsprüfung beim | |
Netzwerk-Giganten angekündigt. Ende des Jahres sollen die Ergebnisse der | |
Prüfung vorliegen. | |
29 Sep 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.europe-v-facebook.org/DE/de.html | |
[2] http://www.facebook.com/help/contact.php?show_form=data_requests | |
[3] http://gutjahr.biz/blog/2011/09/face-off/ | |
[4] http://derstandard.at/1315005731268/Europe-vs-Facebook-Wir-haben-die-dickst… | |
[5] http://www.europe-v-facebook.org/DE/Anzeigen/anzeigen.html | |
## AUTOREN | |
Jakob Schulz | |
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