# taz.de -- Kommentar Urteil zu Nachtflugverbot: Das Recht auf Ruhe | |
> Lärm macht krank, und zwar schwerwiegend. Umso wichtiger ist es, dass die | |
> Menschen Inseln der Ruhe finden. Dafür ist die Nacht da. Und der | |
> Gesetzgeber. | |
Bild: Bei erhöhtem Güterverkehr muss auch in punkto Schienenlärm nachgebesse… | |
Derzeit wird in Deutschland viel darüber diskutiert, warum große | |
Infrastrukturprojekte - siehe Stuttgart 21 - so umstritten sind. Warum | |
provozieren sie den Protest aufgebrachter Bürger, die sonst nicht zum | |
Revoluzzertum neigen? Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat jetzt | |
eindrucksvoll gezeigt, warum das bürgerliche Misstrauen berechtigt ist - | |
indem es nächtliche Flüge, nämlich von 22 bis 0 Uhr und von 5 bis 6 Uhr, am | |
künftigen Berliner Großflughafen ausdrücklich erlaubt. Ganz so, als hätten | |
die betroffenen Anwohner kein Recht auf eine ruhige Nacht. | |
Mag sein, dass das alles juristisch einwandfrei ist - dennoch geht von dem | |
Urteil ein fatales Signal aus: Die schädlichen Folgen von Verkehrs- und | |
Fluglärm werden immer noch unterschätzt. Oder sie werden ignoriert, damit | |
Unternehmen ihre Profite steigern können. | |
Fraglos braucht ein Industrieland mit einer ausdifferenzierten | |
Arbeitsteilung eine leistungsfähige Infrastruktur. Und fraglos war auch die | |
Berliner Standortentscheidung nachvollziehbar, die innerstädtischen | |
Flughäfen in Tempelhof und Tegel zu schließen und den Flugverkehr künftig | |
am südöstlichen Stadtrand zu bündeln. Schließlich waren in der Innenstadt | |
viel mehr Menschen von Fluglärm betroffen als es in den Vororten sein | |
werden. | |
Dennoch sollten die Belastungen durch die Infrastruktur so gering wie | |
möglich sein. Dazu gehören nicht nur Lärmschutzwände an Straßen und | |
Schienen, sondern eben auch Nachtflugverbote in Ballungsräumen, was | |
Hunderttausende Menschen in Berlin, Frankfurt und München begrüßen würden. | |
Auch wenn die Kapazität und damit Profitabilität der Flughäfen dadurch ein | |
wenig sinkt. Dafür muss der Gesetzgeber sorgen. | |
Schließlich ist es in anderen Politikfeldern - etwa in der Agrar- und | |
Verbraucherpolitik - gängige, wenn auch umkämpfte Erkenntnis, dass das | |
Gewinnstreben von Unternehmen nicht wichtiger als das Interesse der | |
Konsumenten nach gesunden Produkten sein sollte. Diese Erkenntnis fehlt in | |
der Verkehrspolitik häufig, vor allem beim Lärm. | |
Dabei macht Lärm krank, und zwar schwerwiegend. Und: Umso hektischer und | |
stressiger das durchdigitalisierte (Arbeits-)Leben wird, umso wichtiger ist | |
es, dass die Menschen Inseln der Ruhe finden. Dafür ist die Nacht da - | |
damit die Menschen ungestört schlafen, lesen, kuscheln oder Sterne gucken | |
können. | |
13 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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