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# taz.de -- Anleitungen für Brandsätze wie in Berlin: "Nicht ganz einfach her…
> Die Zeitschrift "Interim" veröffentlichte eine Bauanleitung für
> Brandsätze. Sie könnte die Vorlage für die Flaschen sein, die in Berlin
> zum Einsatz kamen.
Bild: Brandgefährlich: Potenzielles Anschlagmaterial an Berliner Bahnstrecke.
BERLIN taz | Die Polizei möchte am liebsten gar nichts sagen. Informationen
über die Konstruktion der Brandsätze gelten als Täterwissen. Klar ist: Hier
wurde Benzin oder ein Gemisch in Plastikflaschen abgefüllt, die per
Zeitschalter gezündet werden. In [1][dem Bekennerschreiben des
"Hekla-Empfangskomitees"] heißt es, man habe "an verschiedenen
Kabelschächten der Bahn Feuer mit elektronischen Zeitgebern und
Brandbeschleunigern gelegt".
Bauanleitungen kursieren seit Jahrzehnten nicht nur in der linken Szene.
Als Klassiker gilt das vor gut 40 Jahren in den USA verfasste "Anarchist
Cookbook". In Deutschland dokumentierte 2004 die radikal eine "Mundorgel
für Militante". 2010 erschien ein Heft namens prisma. Die darin
beschriebenen Aktionsformen reichen vom Plakatieren bis zum Bau eines
Brandsatzes namens "Nobelkarossentod". Beim Punkt "Feuerlegen mit
elektronischen Zeitzündern" wird jedoch nur auf die radikal verwiesen.
Eine 2010 erschiene Ausgabe der klandestin produzierten Zeitschrift Interim
geht noch weiter. In Nummer 714 publizierte sie eine Bauanleitung für einen
"Brandsatz mit elektronischem Zeitzünder". Die Berliner Polizei durchsuchte
danach mehrere linke Buchhandlungen. Ein Prozess wegen "Beihilfe zur
Anleitung von Straftaten" gegen einen der Händler wurde jedoch eingestellt.
Der in dem Heft vorgestellte Brandsatz ähnelt den in Berlin verwendeten.
Detailliert beschreibt die Interim, wie mit Hilfe von "Plastikflaschen (die
mit Benzin gefüllt werden)", einem Digitalwecker, Kabeln und einem Zünder
ein Brandsatz gebaut werden kann. "Für diesen Brandsatz spricht, dass die
Zeit genau und lange vor der Aktion eingestellt werden kann", heißt es im
Text.
## Maulswurffalle als Zünder
Als Zünder wird "eine in Frankreich frei erhältliche Maulwurfsfalle, bei
denen eine kleine Menge Schwarzpulver durch ein Signal gezündet werden
kann", empfohlen, verbunden mit dem Hinweis: "Lasst den Zünder nicht länger
als einen Tag liegen, da Schwarzpulver sehr leicht feucht wird und nicht
mehr zu gebrauchen ist." Das könnte der Grund sein, warum die meisten
Berliner Brandsätze nicht zündeten, da es regnete.
Die Verfasser der Anleitung, die "Autonomen Tüftler_innen", weisen darauf
hin, dass der Brandsatz "nicht ganz einfach herzustellen" sei. Er müsse
zunächst getestet werden. "Noch größere Vorsicht" wird bei den Zielen
empfohlen. "Menschen sollen auf keine Fall zu Schaden kommen", heißt es.
"Wenn ihr nicht sicher seid, sagt die Aktion lieber ab."
Daran will sich das "Hekla-Empfangskomitee" gehalten haben. "Unsere Aktion
zielt nicht darauf, Menschen zu gefährden. Das haben wir bestmöglich
ausgeschlossen", hieß es im Bekennerschreiben vom Montag.
Die Bauanleitungen sind im Internet oder in Szeneläden einfach zu
beschaffen. Die Konstruktion der Brandsätze selbst, das wird klar, bedarf
jedoch einer gewissen krimineller Energie, vor allem, wenn man sie in so
großer Zahl herstellt, wie jetzt in Berlin. Schon "beim Materialkauf ist
größte Vorsicht geboten", warnt die Interim.
14 Oct 2011
## LINKS
[1] http://linksunten.indymedia.org/de/node/48377
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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