# taz.de -- Neuer linker Terror?: Ein echtes Vermittlungsproblem | |
> Die autonome Linke forderte schon länger mehr "selbstbewusste Militanz". | |
> Sicherheitskreise sehen auch nach Brandanschlägen auf Bahn "keine neue | |
> Qualität". | |
Bild: "Gimme fire": Von Autonomen gelegtes Feuer gegen einen Neonazi-Aufmarsch … | |
Es klingt wie eine Kampfansage: "Militanz - wir stehen dazu". Als sich im | |
Juni Linksradikale aus dem Bundesgebiet zu einem "Kongress für autonome | |
Politik" in Köln trafen, wurde dieser Themenblock nicht zufällig auf die | |
Agenda gesetzt. Ziel sei eine "selbstbewusste Normalisierung und | |
verbreiterte Einübung und Ausübung von emanzipativer Militanz", hieß es in | |
einem Aufruf. Als "eine Zuspitzung unserer Kritik an den herrschenden | |
Verhältnissen." | |
Die Serie von Brandanschlägen in Berlin - es wäre die Praxis zur Theorie. | |
Das Inbrandsetzen von Kabelschächten der Bahn ist dabei nicht neu: Bereits | |
im Mai wurden durch einen Kabelbrand am Bahnhof Ostkreuz weite Teile des | |
Berliner Bahnverkehrs lahmgelegt. Auch im November 2010 bekannten sich | |
Autonome zu einem Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn. Im Februar | |
entschärfte die Polizei zwei Brandsätze bei Oranienburg. Der Unterschied | |
diesmal: Die Anschläge waren deutlich aufwendiger, da sie an mehreren Orten | |
gleichzeitig erfolgten. | |
Die autonome Szene vermeidet öffentliche Diskussionen über diese Aktionen. | |
In der Vergangenheit fanden die Bahn-Anschläge aber durchaus Zustimmung: Es | |
sei kein Mensch zu Schaden gekommen. "Hier wurde mehr als Sand ins Getriebe | |
gestreut", jubelte das autonome Untergrundblättchen interim nach der | |
Ostkreuz-Aktion. Die Gruppe, die sich damals bekannte, legte dagegen eine | |
selbstkritische Rechtfertigung nach: "Was die Vermittlung der Aktion | |
angeht, hatten wir tatsächlich ein echtes Problem." Das dürfte die linke | |
Szene außerhalb der militanten Autonomen auch zu den jetzigen Anschlägen | |
unterschreiben. | |
Bei der Frage, wer hinter den Taten steckt, tappen die Ermittler im | |
Dunkeln. Der Berliner Verfassungsschutz geht von einer "in der Szene | |
isolierten Tätergruppe" aus. Der letzte Erfolg gegen linke, klandestine | |
Brandleger gelang der Polizei 2007: Drei Mitglieder der "militanten | |
gruppe", 35 bis 46 Jahre alt, wurden beim Anzünden von Bundeswehr-Lkws | |
gefasst. Ein Altenpfleger, ein Sozialarbeiter, ein Buchhändler. Keiner | |
vorbestraft. | |
Einen "neuen Linksterrorismus" sehen Sicherheitskreise derzeit in Berlin | |
nicht: Ein "tiefgreifender Qualitätswandel" im gewaltbereiten | |
Linksextremismus sei derzeit nicht feststellbar. Die "Tötung von Menschen" | |
gelte in der Szene weiter als "nicht vermittelbar". | |
Als sich im April Autonome zu einem Brandanschlag auf eine Berliner | |
Polizeiwache bekannten, bei der ein Putzmann aus den Flammen gerettet | |
werden musste, reagierte die Szene - anders als jetzt - mit offener Kritik. | |
"Warum feiert ihr es ab, wenn Bullen durch unsere Gegenwehr traumatisiert | |
sind?", fragte die interim. "Eine emanzipatorische Perspektive sieht für | |
uns anders aus." | |
14 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
Konrad Litschko | |
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Bundeswehr | |
Autonome | |
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