# taz.de -- Kommentar Eurogipfel: Europa lernt in der Krise | |
> Weil der gehebelte Rettungsschirm so ein Murks ist, dürfte der | |
> entscheidende Kulminationspunkt der Krise demnächst erreicht sein. Am | |
> Ende kommen die Eurobonds. | |
Man kann die Eurokrise als Katastrophe sehen. Aber muss man das? Es läuft | |
doch bisher bestens. Das bankrotte Griechenland reformiert sich, Italien | |
bereitet sich auf das Ende von Skandalpremier Berlusconi vor, und die | |
Investmentbanken haben ihren Nimbus verloren. | |
Der Fortschritt mag meist eine Schnecke sein, aber durch die Eurozone rast | |
gerade ein Zug. Natürlich wäre es noch idealer gewesen, wenn man die Krise | |
gleich ganz vermieden hätte. Aber dieser Wunsch verkennt das Wesen von | |
Politik: Es rechnet sich für Politiker einfach nicht, eine Krise | |
abzuwenden, die die Mehrheit der Wähler gar nicht kommen sieht. | |
Eine tiefe Krise musste also sein, damit die Eurostaaten zusammenfinden. | |
Zudem könnte die Krise sogar bald vorbei sein, was zunächst erstaunlich | |
klingen mag. Doch ist klar, dass der entscheidende Kulminationspunkt | |
demnächst erreicht sein dürfte - gerade weil der gehebelte Rettungsschirm | |
ein solcher Murks ist. | |
Einen Nachteil hat die deutsche Opposition sofort gesichtet: Das Risiko für | |
den deutschen Steuerzahler steigt. Vor allem aber ist "Risiko" keine | |
objektive Kategorie - sondern hängt bei der Eurokrise sehr stark von der | |
Wahrnehmung der Finanzmärkte ab. Und die werden weiter Panik schieben, | |
schon weil ein gehebelter Rettungsschirm eine so seltsame Konstruktion ist. | |
Also werden die Staatsanleihen von Italien und Spanien weiter an Wert | |
verlieren, was dann erneut die europäischen Banken wackeln lässt - sodass | |
irgendwann Frankreichs Rating absäuft und sogar der Rettungsschirm | |
schwankt. In diesem Moment ist der Zug dann angekommen, der durch Europa | |
rast. 17 Euroländer müssen sich entscheiden, ob sie eine gemeinsame | |
Wirtschaftsregierung ertragen. Übersetzt: ob sie Eurobonds einführen. | |
23 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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