# taz.de -- Brennelementesteuer vor dem Aus: Geldsegen für Atomkonzerne | |
> Nach Eon siegt jetzt RWE vor Gericht. Sie erhalten die Steuern auf | |
> Brennelemente zurück. Noch steht das Hauptverfahren aus. Dort könnte die | |
> Steuer ganz gekippt werden. | |
Bild: Block B des AKW Grundremmingen: Gezahlt werden sollte die Steuer bei jede… | |
FREIBURG taz | Die Brennelementesteuer steht auf der Kippe. Nachdem das | |
Finanzgericht Hamburg bereits im September einem Eilantrag von Eon | |
stattgegeben hatte, bekam nun auch RWE vor dem Finanzgericht München im | |
vorläufigen Verfahren recht. RWE hatte auf Rückzahlung der Steuer geklagt, | |
die seit Angang 2011 mit jedem Wechsel von Brennelementen in Atommeilern | |
fällig wird. | |
Bei RWE war der Meiler Gundremmingen als erster von dem Gesetz betroffen. | |
Die bereits von RWE gezahlten 74 Millionen Euro wurden nach dem Urteil von | |
den zuständigen Hauptzollämtern nun zurückgezahlt. | |
Allerdings ergingen beide Urteile im Eilverfahren, die Hauptsacheverfahren | |
stehen noch aus, weshalb die Konzerne für die nun erstatteten Summen | |
Rückstellungen bilden müssen. | |
Bei Eon geht es im Zusammenhang mit dem Kraftwerk Grafenrheinfeld um 96 | |
Millionen Euro. Nachdem die beiden Gerichte in ihren Urteilen ähnlich | |
argumentieren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Steuer auch in | |
letzter Instanz gekippt wird. | |
Die Gerichte erheben nämlich verfassungsrechtliche Bedenken, indem sie in | |
Frage stellen, ob die Steuer eine Verbrauchssteuer ist. Eine solche kann | |
der Staat bedenkenlos erheben. Ist sie jedoch als neuartige Steuer zu | |
werten, bestehe "die Gefahr, dass die von der Finanzverfassung sorgsam | |
ausbalancierte Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern | |
umgangen werden könnte", heißt es im Beschluss des Finanzgerichts Hamburg. | |
## Steilvorlage für Opposition | |
Für den Bundeshaushalt könnten sich durch den Wegfall der Steuer | |
Mindereinnahmen von 1,3 Milliarden Euro pro Jahr ergeben. Vor Fukushima, | |
als die vier deutschen Stromkonzerne noch 17 statt aktuell neun Atommeiler | |
betrieben, setzte die Bundesregierung sogar die Summe von 2,3 Milliarden | |
Euro in die Welt - eine Zahl, die von Anfang an unrealistisch war, da | |
einige Meiler seit mehreren Jahren kaum noch Strom erzeugten. | |
Als dritter der vier deutschen Atomkonzerne hat im Juli auch die EnBW Klage | |
eingereicht, nachdem sie im Kraftwerk Philippsburg 2 neue Brennelemente | |
eingesetzt hatte. Für Vattenfall spielt die Atomkraft unterdessen praktisch | |
keine Rolle mehr: Weil die AKWs Brunsbüttel und Krümmel in Folge von | |
Fukushima endgültig vom Netz mussten, verfügt Vattenfall nur noch über eine | |
Minderheitsbeteiligung am Eon-Kraftwerk Brokdorf. | |
Für die Opposition sind die Urteile der Gerichte unterdessen eine | |
Steilvorlage. Bärbel Höhn, stellvertretende Vorsitzende der | |
Bundestagsfraktion der Grünen, sagte gestern: "Die handwerklich schlechte | |
Arbeit der Bundesregierung ist zum Verzweifeln." Die Bundesregierung müsse | |
jetzt "schnell nachbessern, damit die Steuer auf Brennelemente gerichtsfest | |
wird". | |
Neben den Einzelklagen gegen die Steuer bereiten die Konzerne noch eine | |
Grundsatzklage vor, mit der sie die Verfassungsmäßigkeit der Energiewende | |
prüfen lassen wollen. Sie fühlen sich durch die gesetzlich verfügte | |
Abschaltung der Atommeiler geschädigt. | |
25 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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