# taz.de -- Gewalt in Syrien: Assad droht mit dem Chaos | |
> Das Morden des Regimes nimmt kein Ende. Am Wochenende sterben mehr als 50 | |
> Menschen - alle Appelle verhallen ungehört. Nun macht sich Ratlosigkeit | |
> breit. | |
Bild: Will nicht nachgeben: Machthaber Assad. | |
KAIRO taz | In die Ecke gedrängte Löwen fangen an zu brüllen, um ihre | |
Gegenüber zu beeindrucken. Genau das hat nun der syrische Diktator Baschar | |
al-Assad, Baschar "der Löwe", getan und das auch noch ziemlich laut. | |
"Möchtet ihr ein weiteres Afghanistan oder sogar Dutzende von | |
Afghanistans", drohte er und wies auf die strategische Lage seines Landes | |
hin. "Syrien ist ein regionaler Knotenpunkt. Es ist eine Bruchlinie und | |
wenn du dort mit dem Boden spielst, wird das ein Erbeben zur Folge haben", | |
erklärte er in einem Interview mit der britischen Zeitung Sunday Telegraph. | |
"Wenn Syrien brennt, wird die ganze Region brennen. Wenn sie planen, Syrien | |
zu teilen, teilen sie die gesamte Region", fügte er hinzu. Assad spielte | |
damit auf seine strategische Allianz mit dem Iran, seinen Einfluss im | |
Libanon via Hisbollah, aber auch auf die Grenze zu Israel an, allesamt | |
strategische Karten, die er ausspielen könnte, wenn sich sein Ende nähert. | |
Al-Assads unverhohlene Drohungen spiegeln seine Angst vor einer | |
ausländischen Intervention und dem wachsenden internationalen Druck wider, | |
dem er sich ausgesetzt fühlt. In der arabischen Welt sieht sich Assad | |
zunehmend isoliert. Seine Rechtfertigung in dem Telegraph-Interview, dass | |
es sich bei den Auseinandersetzungen in Syrien um einen Kampf zwischen | |
Islamisten und Panarabisten handle, findet dort wenig Gehör. | |
Die Arabische Liga schickte am Freitag an Assad eine "dringende Botschaft", | |
mit dem "kontinuierlichen Töten von protestierenden Zivilisten aufzuhören" | |
und sofort Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung einzuleiten. | |
## Granaten in Homs | |
In Syrien selbst ist die Lage in den letzten Tagen erneut eskaliert. Allein | |
am Samstag sollen mindestens 50 Zivilisten und Mitglieder des | |
Sicherheitsapparates umgekommen sein. Aktivisten sprechen davon, dass bei | |
einem Granatenbeschuss der historischen Altstadt von Homs 21 Zivilisten | |
getötet wurden. Die Regierung ihrerseits behauptet, dass 20 ihrer Soldaten | |
in Homs starben, während zehn weitere Mitglieder des Sicherheitsapparates | |
bei einem Hinterhalt in der Provinz Idlib erschossen wurden. | |
Nach UN-Angaben sind seit Beginn des Aufstandes mindestens 3.000 Zivilisten | |
ums Leben gekommen. Die syrische Regierung spricht bislang lediglich von | |
1.000 Toten in den Reihen ihrer Sicherheitskräfte. | |
Es wird immer deutlicher, dass sich der friedliche Aufstand gegen das | |
syrische Regime, nach dem Muster von Tunesien und Ägypten, schleichend in | |
einen bewaffneten Aufstand wie in Libyen verwandelt. "Das ist eine | |
natürliche Reaktion auf das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte, die | |
dazu führt, dass viele in ihrer Verzweiflung keine andere Option mehr | |
sehen, um sich zu verteidigen", rechtfertigt ein syrischer Aktivist diese | |
Entwicklung. | |
Für Louay Safi, ein Mitglied des neu geformten oppositionellen syrischen | |
Nationalrates, lädt Assad geradezu zu einer ausländischen Intervention ein. | |
"Wenn er so weitermacht, trägt er dafür die volle Verantwortung", sagt Safi | |
gegenüber der arabischen Fernsehstation al-Dschasira. | |
Wie die meisten Oppositionellen zögert er noch, offen eine militärische | |
Intervention aus dem Ausland zu fordern. Er spricht allerdings davon, eine | |
Flugverbotszone in Erwägung zu ziehen. Aber, fordert er, zunächst sollten | |
die Arabische Liga und die benachbarten arabischen und nichtarabischen | |
Staaten die diplomatischen und ökonomischen Daumenschrauben anziehen. | |
30 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Karim Al-Gawhary | |
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