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# taz.de -- Aktivisten in Ägypten: Das Militär jagt die Blogger
> Einer der bekanntesten ägyptischen Blogger, Alaa Abd El-Fattah, ist vom
> Militär inhaftiert worden. Die Vorwürfe erscheinen konstruiert.
Bild: Wut auf das Militär: Demo in Kairo.
KAIRO taz | "Vor wenigen Wochen erst habe ich beim Aufräumen eine Kiste mit
alten Briefen entdeckt, die Alaa mir 2006 aus dem Gefängnis geschrieben
hat", sagt die bekannte Bloggerin Manal. "Jetzt sitze ich hier und schreibe
ihm Briefe." Am Sonntag hat das Militär den Blogger und Aktivisten Alaa Abd
El-Fattah verhaftet, eine der zentralen Figuren der Ägyptischen Revolution.
Die Armee wirft ihm vor, am 9. Oktober 2011 Waffen gestohlen, Soldaten
angegriffen und zu Gewalttaten aufgerufen zu haben. An dem Tag hatte die
Armee eine mehrheitlich von Kopten getragene Demonstration in Kairo
angegriffen und mindestens 28 Menschen getötet. Abd El-Fattah hatte als
muslimischer Unterstützer an der koptischen Demonstration teilgenommen und
über die Gewalt der Armee im Internet berichtet.
Am Sonntag hatte ihn das Militär zum Verhör vorgeladen. "Alaa weigerte sich
eine Aussage zu machen", berichtet der Aktivist Bahaa Saber, der mit Abd
El-Fattah vorgeladen war. "Er sagte, als Zivilist könne er nicht vor ein
Militärgericht gestellt werden und der Prozess sei eine Farce." Während
Saber auf Kaution freikam, wurde Abd El-Fattah wegen der Schwere der
Vorwürfe und angeblicher Fluchtgefahr verhaftet.
Er soll für zunächst 15 Tage zu "Untersuchungen" im Gefängnis bleiben, der
Zeitraum kann unbefristet verlängert werden. Abd El-Fattah gehört zu den
bekanntesten Aktivisten Ägyptens. Er war bereits unter Mubarak 2006 für
einen Monat inhaftiert. 2008 emigrierte er mit seiner Frau Manal nach
Südafrika, kehrte jedoch nach Ägypten zurück, als im Januar 2011 die
Revolution begann. Seine Frau erwartet in diesen Tagen das erste gemeinsame
Kind.
"Wir fordern die sofortige Freilassung Alaas und den Stopp von
Militärprozessen gegen Zivilisten", schrieb die Gruppe "Nein zu
Militärtribunalen" am Sonntagabend. "Das ist nicht das Ägypten, für das wir
gekämpft haben und gestorben sind." Seit der Machtübernahme des Militärs im
Februar 2011 sind rund 12.000 Zivilisten von Militärtribunalen zu teils
langjährigen Strafen verurteilt worden.
Erst in der vergangenen Woche hatte der Tod von Essam Atta für Aufsehen
gesorgt. Der 24-Jährige, der zu zwei Jahren Haft verurteilt war, wurde von
einem Polizeioffizier auf brutalste Weise zu Tode gefoltert. Verwunderung
lösten auch die Ergebnisse einer "Untersuchung" der Vorfälle vom 9. Oktober
durch das Militär aus. Die Armee machte den jungen koptischen Aktivisten
Mina Daniel als Hauptverantwortlichen für die Gewalt und die Toten aus. Der
junge Mann war an diesem Tag vom Militär getötet worden.
Die jetzige Verhaftung Alaas wird von vielen Beobachtern denn auch als ein
Alarmzeichen gesehen. "Das ist nur der Anfang", schrieb ein Blogger im
Netz. "Ich fürchte, es kommen harte Zeiten auf uns zu. Mit der
Unterstützung des Auslandes, der Presse und weiten Teilen der Bevölkerung
hat das Militär jetzt freie Hand, zum Schlag gegen die Revolutionsbewegung
auszuholen." Aktivisten riefen für Montagabend zu einer Demonstration zu
Protesten auf.
31 Oct 2011
## AUTOREN
Juliane Schumacher
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