# taz.de -- Neuer Flughafen in Schönefeld: Flieger sollen flüstern lernen | |
> Der Umweltchef von Schönefeld will laute Maschinen vom neuen Flughafen | |
> fern halten. Die derzeitigen Gebühren seien dafür ungeeignet, kritisieren | |
> Umweltschützer. | |
Bild: Laut sind die Flugzeuge vor allem beim Start. | |
Die Betreiber des neuen Flughafens BER überlegen, ihn für besonders laute | |
Maschinen unattraktiv zu machen. "Wir wollen uns den Betrieb nach der | |
Eröffnung anschauen und ganz laute Maschinen möglichst rausfiltern, | |
immerhin sind wir ein stadtnaher Flughafen", sagt Jochen Heimberg, | |
Umweltchef des Flughafens Schönefeld im Interview mit der taz. So wolle man | |
gegebenenfalls die Lärmklassen der Flugzeuge stärker differenzieren. | |
Über diese Lärmklassen lassen sich die Gebühren für das Starten und Landen | |
von Maschinen nach Lautstärke staffeln: Laute Flugzeuge kosten die | |
Fluggesellschaften mehr als leise. Bereits jetzt gibt es sowohl in | |
Schönefeld als auch in Tegel nach Lärmklassen gestaffelte Gebühren: Für | |
Flieger der leisesten Lärmklasse Eins, zu der Maschinen gehören, die | |
maximal 70,9 Dezibel verursachen, fallen in Schönefeld 20 Euro und in Tegel | |
70 Euro an. Bei der lautesten Lärmklasse (ab 90 Dezibel) sind an beiden | |
Flughäfen 1.680 Euro fällig. Zum Vergleich: 70 Dezibel entsprechen etwa | |
Verkehrslärm an einer viel befahrenen Straße, ab 85 Dezibel warnen | |
Mediziner vor Hörschäden, wenn eine Person dem Lärm dauerhaft ausgesetzt | |
ist. | |
Die meisten Flugzeuge - in Schönefeld waren es im vergangenen Jahr über | |
drei Viertel - gehören zur Lärmklasse Drei (zwischen 74 und 76,9 Dezibel). | |
Knapp 50 Euro sollen die Gebühren künftig betragen - derzeit sind es in | |
Schönefeld 40, in Tegel 105 Euro. Da in Tegel derzeit etwa doppelt so viele | |
Flugzeuge starten und landen wie in Schönefeld, wird es für die | |
Fluggesellschaften für die Mehrzahl der Fälle also billiger als bisher. | |
Würden die Lärmklassen verändert, würde das vermutlich höhere Kosten für | |
die Fluggesellschaften bedeuten. So gilt beispielsweise für den Flughafen | |
Frankfurt Main eine zwölfstufige Lärmskala. Seit Oktober werden hier in der | |
lautesten Kategorie tagsüber 19.000 Euro fällig. In Berlin werden es | |
tagsüber höchstens 3.990 Euro sein. "Eigentlich ist nur dieses Frankfurter | |
Modell gut", sagt Werner Reh, Referent für Verkehrspolitik beim Bund für | |
Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Denn sie erfasse laute Maschinen | |
gezielter. "Da werden nicht nur die Ausreißer erwischt." | |
Eine Studie des Öko-Instituts weist darauf hin, dass die Höhe der Gebühren | |
vor allem dazu dienen sollte, die Fluggesellschaften zur Investition in | |
lärmarme Technologien zu motivieren. "Für 66,50 Euro in Lärmklasse Drei | |
bekommt man weder Investitionen in bessere Flugzeuge noch - was das | |
zweitbeste wäre - eine Verdrängung", sagt Reh. Bei einer Verdrängung | |
könnten stadtnahe Flughäfen wie Berlin die Gebühren so weit erhöhen, dass | |
die Fluggesellschaften laute Maschinen bei stadtfernen Flughäfen einsetzen. | |
"Die Gebühren müssten ein paar Tausend Euro pro Start und Landung | |
ausmachen", fordert Reh. | |
Heimberg gibt an, bei der Lärmreduzierung auf einen "Dialog mit den | |
Fluggesellschaften" setzen zu wollen. Lufthansa, die von dem neuen Standort | |
knapp 40 Ziele anfliegen will, zeigt sich gelassen: "Wir werden in Berlin | |
überwiegend junge Maschinen einsetzen", sagt Sprecher Wolfgang Weber. Die | |
gehörten sowieso zu den leisesten. Die Fluggesellschaft Air Berlin, die ihr | |
Drehkreuz in Schönefeld einrichten will, wollte sich nicht zu den | |
Überlegungen äußern. | |
1 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
Svenja Bergt | |
## TAGS | |
Musik | |
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) | |
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