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# taz.de -- Palästina in der Unesco: Ein erwarteter Sieg
> Von Jubel bis zu Sarkasmus reichen die ersten Reaktionen auf den Erfolg
> der Palästinenser. Die Bundesregierung wird von der Opposition scharf für
> ihr Nein kritisiert.
Bild: Für ihn ist es ein Erfolg: der palästinensische Außenminister Riad al-…
PARIS dpa/afp/dapd/taz | Die Reaktionen auf die Aufnahme Palästinas als
Vollmitglied der Unesco fielen erwartungsgemäß recht unterschiedlich aus.
Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi hat die Aufnahme Palästinas
als Unesco-Vollmitglied begeistert begrüßt.
"Wir sind sehr aufgeregt und glücklich", sagte Aschrawi am Montag in
Ramallah. "Dies ist ein sehr wichtiger Sieg und ein Triumph des
menschlichen Geistes gegenüber Einschüchterung und Zwang." Aschrawi, die
Mitglied im Exekutivkomitee der PLO ist, führte weiter aus: "Die
Minderheit, die dagegen gestimmt hat, vor allem die USA, wird sich isoliert
auf der falschen Seite der Gerechtigkeit wiederfinden."
Ganz anders fiel dagegen die Reaktion in Israel aus. Das israelische
Außenministerium stellt den gesamten Friedensprozess mit den Palästinensern
in Frage. Der Antrag der Palästinenser sei ein "einseitiges
palästinensisches Manöver" gewesen, das "die Möglichkeit eines
Friedensvertrags wieder in weitere Entfernung rückt", erklärte das
israelische Außenministerium am Montag.
"Israel lehnt die Entscheidung der Generalversammlung der Unesco ab", hieß
es weiter. Die Entscheidung mache "die palästinensische Führung nicht zu
einem wirklichen Staat".
Der israelische UN-Botschafter Nimrod Barkan warnte, diejenigen Staaten,
die dem Antrag der Palästinenser zugestimmt hätten, könnten ihren Einfluss
auf die israelische Politik verlieren. Vor allem könne dies eine
Zusammenarbeit bei Friedensverhandlungen betreffen. Die Unesco solle sich
mit Wissenschaft, "mit Science statt Science-Fiction" befassen, sagte
Barkan.
Schwere Konsequenzen zogen die USA – sie kündigten an, ihre
Beitragszahlungen an die Unesco zu stoppen. kündigte die US-amerikanische
Delegation bei der Unesco an. Ihre finanziellen Mittel bezieht die Unesco
hauptsächlich aus den Pflichtbeiträgen ihrer Mitgliedstaaten. Der reguläre
Zweijahreshaushalt 2010/2011 umfasst 653 Millionen US-Dollar. Die USA waren
bisher mit einem Anteil von 22 Prozent vor Japan und Deutschland größter
Beitragszahler der Unesco.
## Kritik am Nein der Deutschen
In Deutschland hat sich die Bundesregierung mit ihrem Nein zur Aufnahme
Palästinas in die Unesco scharfe Kritik aus der Opposition eingehandelt.
SPD, Linke und Grüne werteten das deutsche Votum als blamabel und beklagten
eine Spaltung Europas in der Frage. Das Auswärtige Amt verteidigte das
Abstimmungsverhalten dagegen.
Die Palästinenser bemühen sich auch bei den Vereinten Nationen um eine
Vollmitgliedschaft. Bei der UN-Vollversammlung im September hatten sie -
ebenfalls gegen den vehementen Widerstand der USA und Israels - einen
Antrag dazu eingereicht. Bis zu einer Entscheidung dürften aber noch Monate
vergehen.
Das derzeit im UN-Sicherheitsrat laufende Verfahren dürfe nicht
beeinträchtigt werden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes und
begründete damit das deutsche Nein in Paris. Die Bundesregierung
unterstütze das palästinensische Anliegen auf einen eigenen Staat
nachdrücklich, "eine umfassende und gerechte Zwei-Staaten-Lösung ist und
bleibt unser Ziel", betonte der Außenamtssprecher. Im Vordergrund sollten
dabei aber direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern
stehen.
## "Ein Fiasko für die Europäer"
Aus der Opposition kam scharfe Kritik am Kurs der Regierung. Deutschland
stehe mit seinem Nein "weltweit ziemlich isoliert" da, sagte
SPD-Fraktionsvize Gernot Erler. Statt sich gemeinsam der Stimme zu
enthalten, hätten insbesondere Deutschland und die Niederlande mit ihrer
Ablehnung maßgeblich dazu beigetragen, "dass Europa wieder einmal ein Bild
der Zerrissenheit in einer wichtigen außenpolitischen Frage abgibt". Die
Abstimmung sei ein "Fiasko für die Europäer". Außenminister Guido
Westerwelle habe seinen Anteil an dieser Blamage.
Auch die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kerstin Müller,
sprach von einem "beklagenswerten Bild der Uneinigkeit" innerhalb der EU.
"Die Bundesregierung trägt die Hauptverantwortung dafür", kritisierte sie.
Der Außenexperte der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, warnte vor einem
Stopp des Geldflusses aus den USA. Die Aufnahme der Palästinenser bei der
Unesco wertete er als positives Zeichen für den Friedensprozess im Nahen
Osten. "Peinlich ist nur, dass Deutschland dagegen gestimmt hat", beklagte
er. "Die Nahostpolitik der Bundesregierung wird immer verworrener."
31 Oct 2011
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USA
Unesco
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