# taz.de -- Die Angst vor dem Staatsbankrott nimmt zu: Die Krise ist längst ni… | |
> Durch die neuen Turbulenzen um Griechenland könnten weitere Krisenländer | |
> in Gefahr geraten. Der deutsche Aktienindex und der Kurs des Euro gingen | |
> kräftig nach unten. | |
Bild: Einigen Börsianern in Frankfurt wurde ganz schwindelig nachdem bekannt w… | |
BERLIN taz | Die neue Krise in Griechenland macht die Anleger nervös. Der | |
deutsche Aktienindex DAX verlor am Dienstag 5 Prozent und endete am Abend | |
bei 5.832 Punkten. Auch der Euro stürzte auf nur noch 1,37 Dollar ab. | |
Der DAX hat damit sämtliche Kursgewinne wieder abgegeben, die seit den | |
beiden Eurogipfeln in der vergangenen Woche zu verzeichnen waren. Denn den | |
Anlegern dämmert nun, dass die Eurokrise keineswegs gelöst ist. | |
Dabei treibt die Investoren nicht nur die Entwicklung in Griechenland um, | |
sie halten auch Staatspleiten in Spanien und vor allem in Italien für | |
möglich. Diese Angst spiegelt sich in den steigenden Prämien wider, die für | |
Kreditausfallversicherungen (CDS) aufgebracht werden müssen. | |
Parallel schnellen die Zinsen nach oben, die Italien für seine | |
Staatsanleihen zahlen muss. Zehnjährige Papiere rentierten am | |
Dienstagmorgen bei 6,26 Prozent. Derart hohe Zinsen würden das Land auf | |
Dauer in die Pleite treiben. Italiens Schuldenlast beträgt etwa 120 Prozent | |
des Bruttoinlandsprodukts. | |
Also griff die Europäische Zentralbank (EZB) erneut ein. Wie Händler | |
berichteten, kaufte sie spanische und italienische Staatsanleihen auf, um | |
die Risikoprämien zu drücken. Inzwischen hat die EZB Papiere der | |
europäischen Risikostaaten von weit mehr als 170 Milliarden Euro im Depot | |
angehäuft. | |
## Sein erster Arbeitstag | |
Eigentlich wollte die EZB diese Aufkäufe beenden und künftig dem | |
europäischen Rettungsfonds EFSF überlassen. Doch dieser ist noch nicht | |
startklar. Also sprang Mario Draghi ein, der am Dienstag seinen ersten | |
Arbeitstag als neuer Chef der Europäischen Zentralbank hatte. | |
Zudem ist fraglich, ob der Rettungsfonds EFSF überhaupt funktioniert - | |
obwohl er erst vor einer Woche auf 1 Billion Euro gehebelt wurde. Denn die | |
Investoren blieben von Anfang an misstrauisch, was sich daran zeigt, dass | |
die Risikoaufschläge für Italien nach dem Brüsseler Gipfel nicht sanken, | |
sondern weiterhin über 6 Prozent lagen. Die Turbulenzen in Griechenland | |
haben diesen Trend nur noch zusätzlich verstärkt. | |
Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist jedenfalls alarmiert über | |
die steigenden Risikoprämien. Am Dienstag sicherte er zu, dass seine | |
Regierung die vereinbarten Sparmaßnahmen "mit der Entschlossenheit, Strenge | |
und Schnelligkeit durchsetzt, die die Situation verlangt". Unter anderem | |
hatte die italienische Regierung auf dem letzten Eurogipfel zugestimmt, | |
dass sie den Kündigungsschutz aufweichen und das Rentenalter anheben wird. | |
## Das Geschäft mit Kursverlusten | |
Inzwischen ist auch schon die erste Maklerfirma pleite, weil sie sich bei | |
der Eurokrise verspekuliert hat. Wie die New York Times berichtet, hatte | |
der US-Börsenmakler MF Global für rund 6,3 Milliarden Dollar europäische | |
Staatsanleihen erworben und darauf gehofft, dass deren Kurse steigen. Mehr | |
als die Hälfte des Geldes steckte in italienischen und spanischen Papieren, | |
die jedoch an Wert verloren. | |
Auch die Deutsche Bank könnte durch diese Pleite Verluste verbuchen: Laut | |
Insolvenzantrag gehört sie zu den größten Gläubigern von MF Global und soll | |
der Börsenfirma mehr als 1 Milliarde Dollar geliehen haben. Die Deutsche | |
Bank selbst wollte am Dienstag allerdings keine Angaben dazu machen, wie | |
viel eigenes Geld sie in das US-Unternehmen investiert hat, und teilte | |
lediglich mit, dass sie vor allem als Treuhänder für Dritte bei MF Global | |
engagiert gewesen sei. | |
Auf die internationalen Finanzmärkte dürfte die Pleite des Börsenmaklers | |
keine großen Auswirkungen haben, denn dafür ist die Summe von 6,3 | |
Milliarden Dollar einfach zu gering. | |
1 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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